Interview geführt von Julia Hofgartner von yogaandjuliet.com
ich selber bin Yogalehrerin und habe mich schon immer gefragt, wie es wirklich ist, als Yogalehrerin auf Bali zu arbeiten. Und wer sonst könnte die Yogaszene hier authentischer beschreiben, als eine auf Bali ansässige Yogalehrerin aus Berlin?
Als ich Nico (@nicosarani) kennenlernte, war für mich schnell klar, dass sie die passende Kandidatin für mein Interview ist. Wunderschön, aber vor allem echt und authentisch, erzählt sie im folgenden über ihre Erfahrungen als Yogalehrerin auf der Insel der Götter – und warum auch im Paradies nicht immer alles paradiesisch ist.
Warum hast du dich dazu entschieden, auf Bali Yoga zu unterrichten?
Ich erinnere mich noch sehr gut an mein erstes Yoga-Fiasko. Mit 14 Jahren stolperte ich, eher zufällig als geplant, in die erste Yogastunde meines Lebens – und zwar in unserem örtlichen Fitnessstudio. Vollkommen orientierungslos sprang ich vom herabschauenden Hund in irgendeine Schlangenposition und zurück, und konnte mich danach vor lauter Muskelkater gefühlte drei Jahre lang nicht mehr bewegen.
Eine Erfahrung, die ich in den kommenden Jahren nur alle paar Monate wiederholen sollte, bis ich in einem Auslandssemester in New York von einer Flut von Hausaufgaben überschwemmt werden sollte, die mich dazu trieb, meinen Stresshormonen auf der Yogamatte regelmäßig eine Auszeit zu gönnen.
Eine eher unschöne Zeit mit einer Reihe von Panikattacken folgte nach meiner Rückkehr nach Deutschland. Die Zeit auf der Matte half irgendwie, und schwups, war ein Yoga-Junkie geboren.
Mein erstes Yoga Teacher Training habe ich dann 2014 auf Bali absolviert. Es war das erste Mal, dass ich die Insel besuchte, und bereits damals wusste ich:
“Wow, hier könnte ich leben.”
Ein paar Jahre und weitere Yoga-Ausbildungen später war es dann endlich soweit: Auf meinem 5. Bali-Trip fiel mir ein Job bei einem Yoga-Resort in Canggu mehr oder weniger in den Schoß, und anstelle wie geplant nach Hause zu fliegen, blieb ich freudestrahlend auf meiner Lieblingsinsel.

Ist es schwer auf Bali einen Job als Yogalehrer/in zu bekommen?
Yogalehrer/innen gibt es auf Bali wie Sand am Meer. Insbesondere in “Yoga-Hubs” wie Ubud ist gefühlt jede dritte Person, die man trifft, Yogalehrer.
Das bedeutet die Konkurrenz in dem Bereich ist nicht zu unterschätzen. Das Gute ist jedoch, dass jedes Resort, jedes Studio, jedes Hotel auch auf Lehrer angewiesen ist – denn ein Großteil der Touristen, die auf die Insel kommen, ist auch an Yoga interessiert.
Bali bleibt eine Holiday-Destination und auch die meisten Yogalehrer wollen irgendwann wieder nach Hause, daher ist die Fluktuation im Angestellten-Bereich hoch.
Wenn man eine Zeit lang hier und nicht gerade auf den Mund gefallen ist, ist es daher nicht unwahrscheinlich, dass man als Yogalehrer die eine oder andere Möglichkeit bekommt, seinen Beruf vor Ort auszuüben. Ob die Konditionen für einen persönlich stimmen, ist eine andere Geschichte.
Ich persönlich hatte Glück und konnte den Job einer befreundeten Yogalehrerin übernehmen, die die Arbeit im Resort aus zeitlichen Gründen nicht mehr machen konnte. Das Gehalt ist niedrig, aber dafür sind Unterkunft und Essen inklusive.
In Berlin könnte ich von dem Job nicht überleben, auf Bali ist das anders.
Trotzdem bin ich froh, durch das Untervermieten meiner Wohnung in Deutschland monatlich noch ein wenig Geld extra zu haben, um mir finanziell keine Sorgen machen zu müssen.
Im Allgemeinen zahlen Yogastudios etwas besser als die meisten Resorts auf der Insel.

Welches Visum braucht man um auf Bali unterrichten zu dürfen.
Ein Arbeitsvisum (allgemein KITAS genannt) für Bali zu bekommen, ist nicht ganz einfach.
Das Visum muss durch den Arbeitgeber beantragt werden (dieser agiert als “Sponsor”) und ist je nach Job entweder für 6 oder 12 Monate gültig, muss also regelmäßig erneuert werden.
Der Arbeitgeber muss von seiner Seite nachweisen, dass kein indonesischer Einwohner den Job, um den es geht, machen kann – aktuell kann das auf Bali im Bereich Yoga noch gut gerechtfertigt werden (weil es den Tourismus-Sektor betrifft und ausländische Lehrer in diesem Bereich bevorzugt werden).
Einen offiziellen “Sponsoren” zu haben bedeutet in der Regel, dass dann ausschließlich für diesen Arbeitgeber gearbeitet werden darf. In diesem Falle ist es also ratsam, sich einen Job zu suchen, der die Lebenskosten auch tatsächlich bezahlt.
Die Gebühren für das Arbeitsvisum liegen für ein halbes bzw. ganzes Jahr aktuell bei 900 bis 1400 USD.
Es gibt als Yogalehrer wohl auch die (meines Wissens weniger bekannte) Möglichkeit, sich das Visum über einen Agenten vor Ort selbst zu organisieren (dieser agiert dann inoffiziell als “Sponsor” und kümmert sich um die bürokratische Seite). Die Gebühren müssen dann natürlich selbst getragen werden, außerdem kann mit ca. 400 USD Extra-Gebühren für den Agenten gerechnet werden. Der Vorteil scheint dabei zu sein, dass dann für unterschiedliche Arbeitgeber gearbeitet werden darf.
Nach Ablauf der KITAS muss das Land in jedem Fall immer wieder verlassen werden (sogenannte “Visa-Runs”) bevor man mit neuer KITAS erneut einreisen darf.
Grundsätzlich werden die Regeln immer strenger, und ich kann keinem empfehlen, auf Bali ohne Arbeitserlaubnis zu arbeiten. Man hört immer wieder Geschichten von Leuten, die hier illegal gearbeitet haben, erwischt wurden (es gibt hier eine Art indonesisches Visa-Kommando, das ausschließlich dafür zuständig ist, illegal arbeitende Ausländer aufzuspüren), und im Folgenden der Insel verwiesen wurden. Darüberhinaus fallen hohe Geldbußen an, es kann sogar mit Gefängnisstrafen gerechnet werden.
Deshalb: Stay safe, kids!
Wie sieht der Alltag eines Yogalehrers auf Bali aus?
In dem Yoga-Resort, in dem ich unterrichte, ist die Arbeit sehr entspannt. Morgens und abends gibt es für die Gäste die Möglichkeit, an einer Yogastunde teilzunehmen, wobei die Morgenstunden ein wenig aktiver sind, und die Abendstunden eher zu “Restorative” oder “Yin-Yoga” tendieren.
Den Tag über habe ich also frei, und kann ihn so verbringen wie ich möchte.
Da ich nebenbei jedoch noch Artikel schreibe, an meiner Website arbeite oder Retreats organisiere, verbringe ich die Zeit selten am Strand, sondern meistens in Cafés mit guter WLAN-Verbindung.
Weil ich um 7 Uhr morgens wieder auf der Yogamatte stehen muss, gehe ich abends eher selten weg, obwohl hier in Canggu eigentlich jeden Abend getanzt werden kann (manchmal auch direkt am Strand unter den Sternen).
Kulinarisch wird man auf Bali übrigens wirklich verwöhnt, vor allem wenn man sich vegan oder vegetarisch ernährt. Es stört mich also nicht, dass ich im Resort keine eigene Küche habe.

Wie viel verdient man als Yogalehrer auf Bali?
Das Gehalt eines Yogalehrers oder einer Yogalehrerin hier hängt ganz von der Art des Yoga-Jobs ab, liegt aber durchschnittlich unter dem deutschen Yogalehrer-Gehalt.
In einem Hostel verdient man vielleicht nicht mehr als 10 oder 12 Euro pro gehaltener Yogastunde, in einem der größeren Yogastudios können es aber durchaus 40 Euro sein.
In dem Resort, in dem ich unterrichte, bekomme ich lediglich 16 Euro pro Stunde – das ist nicht viel, aber dafür muss ich zumindest keine Miete zahlen.

Was sind die Herausforderungen als Yogalehrerin auf Bali?
“Du lebst im Paradies!”
– das höre ich immer wieder.
Natürlich sitze ich gerne am Strand, schlürfe aus Kokosnüssen, und freue mich über filmreife Sonnenuntergänge über dem Meer.
Trotzdem: auch Bali ist nicht immer nur ein Ponyhof. Davon abgesehen, dass einem die stetig wachsende Yogalehrer-Meute manchmal auf die Nerven gehen kann (irgendwann muss auch mal Schluss sein mit “Chakra-Talk”), ist Indonesien immer noch ein Schwellenland, und auch auf Bali treiben schwierige Lebensumstände so manchen Indonesier in die Kriminalität: Immer wieder hört man zum Beispiel von Roller-Überfällen hier in der Gegend, bei denen Touristen einfach von ihren Bikes geschubst und beklaut werden. Das kann einen dann abends schon mal beunruhigen, wenn man zu späterer Stunde nach Hause fährt.
Außerdem sieht man immer noch überall die Plastikabfälle an den Straßenrändern und in der Natur, weil das Müllentsorgungssystem u.a. durch den Tourismus überfordert ist. Daher wird auch das Meer immer dreckiger.
Lesetipp: 6 einfache Tipps für plastikfreies Reisen in Indonesien
Auf persönlicher Ebene kann die Fluktuation der Reisenden und Touristen eine Herausforderung sein, wenn man nach tiefen und stabilen Freundschaften sucht. Die Insel-Besucher kommen, bleiben vielleicht für ein paar Monate, und gehen dann wieder. Da überlegt man dann manchmal zweimal, ob man wirklich Zeit und Energie in eine Verbindung hineinstecken möchte – so hart das auch klingt.
Viele Touristen suchen im Urlaub einfach nach dem “schnellen Spaß” – das ist man irgendwann einfach leid.
Natürlich macht es mich manchmal traurig, dass ich nicht zu Hause bei Freunden und Familie sein kann – insbesondere dann, wenn ich das Gefühl habe, dass diese mich vielleicht gerade brauchen. Da ist der Weg dann einfach zu weit, um mal eben herüberzufliegen und für sie da zu sein.
Und so herzlich die Balinesen auch sind – man ist und bleibt Ausländer, selbst wenn man hier lebt, und hat trotz der großen Expat-Community oftmals das Gefühl, unter den Inselbewohnern nie richtig dazuzugehören.

Welche Orte auf Bali eignen sich denn am besten, wenn man Yoga unterrichten möchte?
Die meisten Jobs gibt es sicherlich um Ubud herum. Dort sind die meisten Yogastudios ansässig.
Seminyak und Canggu sind die nächstgrößeren Gegenden in denen aufgrund des Tourismus regelmäßig Yogalehrer gebraucht werden.
Falls man aber mal raus aus dem Trubel möchte, oder in diesen Orten aktuell nichts zu finden ist, würde ich empfehlen mal im Norden oder in Gegenden wie Uluwatu und Amed nach Jobs zu gucken – die sind zwar etwas weiter ab vom Schuss, aber dafür wird man bei Resorts unter Umständen schneller fündig und hat eventuell in fast unberührter Natur seine Ruhe.
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Warum liebst du Bali und was ist an der Insel so magisch für dich?
Bali hat für mich tatsächlich etwas Magisches.
Wenn ich hier im sogenannten “Flow” bin (sorry, „Yoga-Talk“ xD) , geschehen die wunderbarsten Dinge – man trifft im richtigen Augenblick auf Menschen, die einen weiterbringen, Türen öffnen sich genau dann, wenn es notwendig ist.
Dadurch, dass es hier viele westliche Nomaden gibt, entstehen schnell Gespräche mit inspirierenden Menschen, die einen ähnlichen Blick auf die Welt haben und ihre Freiheit genauso schätzen wie ich.
Die Mentalität und Spiritualität der Balinesen berührt mich nach wie vor stark – man muss sich nur anschauen mit welcher Hingabe die Inselbewohner hier täglich beten und ihre Opfergaben vorbereiten, und welchen großen Stellenwert Familie und Community hier haben.
Obwohl der Tourismus nicht nur Segen für die Insel ist, wird man immer noch fast überall mit einem ehrlichen Lachen und einer echten Herzlichkeit und Wärme empfangen, die ich so nur von Bali kenne.
Vielleicht ist das auch der Grund, wieso sich hier so viele Reisende so schnell zu Hause fühlen – war man einmal hier, kommt man auf jeden Fall wieder.

Was denkst du über die Yogaszene auf Bali?
Wie bereits erwähnt boomt Yoga auf Bali und die Yogalehrer-Konkurrenz schläft daher nicht. Das finde ich ab und zu anstrengend, und auch gängige Themen der Szene wie veganes Essen oder die neuesten Meditationstechniken um sich ins Nirvana zu schiessen, hängen mir manchmal zum Hals raus.
Deshalb verbringe ich auch gerne Zeit mit Freunden, die gar nichts mit Yoga am Hut haben. Auf der anderen Seite ist es natürlich super, sich mit Gleichgesinnten austauschen und sich durch das beständige Angebot im Yoga-Bereich regelmäßig weiterbilden zu können (vor allem ist das hier oft günstiger als in Deutschland).
Beunruhigend finde ich, wie viele neue “Yogalehrer” die Insel wöchentlich ausspuckt. Denn die meisten Ausbildungen sind meiner Meinung eher ungenügend und vermitteln nur bedingt das Wissen und Training, das für die “Profession” (Berufung?) eigentlich notwendig ist.
Das Problem sind hier die fehlenden Regulierungen in der Ausbildung und überhaupt das tiefere Verständnis der körperlich-geistigen Praxis (ein langes Thema).
Yoga wird leider nicht nur im Westen, sondern auch hier größtenteils missverstanden und mit Sport- oder einfacher Entspannungstechnik verwechselt. Als Yogalehrerin habe ich daher oft das Gefühl, die Leute erstmal aufklären zu müssen, dass es beim Yoga eben nicht nur darum geht, seine Gliedmaßen zu verdrehen, sondern sich selbst besser kennenzulernen und bewusster durchs Leben zu gehen.

Was hat sich seit deinem Leben verändert seitdem du Yoga machst?
Yoga hat mir in vieler Hinsicht “den Hintern gerettet”.
Die Praxis hat mir geholfen, eine Verbindung zu meinem Körper und Geist herzustellen und somit präsenter durchs Leben zu gehen.
Seit ich 2014 meine erste Ausbildung gemacht habe, hatte ich keine Panikattacke mehr – allein das sagt viel über das Potenzial des Yoga aus.
Yoga hat mir eine riesige Werkzeugkiste mit Techniken und Know-How an die Hand gegeben, die ich öffnen kann, wann immer ich sie brauche – und das nicht nur in Bezug auf körperliches Wohlbefinden, sondern vor allem auf der mentalen Ebene.
Die Philosophie der Yoga-Tradition, auf dem das System, bzw. die Wissenschaft des Yoga, letztendlich beruht, ist unglaublich reich und weitaus umfassender als das Verständnis der modernen Psychologie. Letztendlich geht es dabei um die praktische Beantwortung der Fragen:
“Wer bin ich eigentlich im tiefsten Inneren, und wie kann ich eine Verbindung zu diesem Wesenskern herstellen? Was hindert mich daran, ein erfülltes Leben zu führen und wie kann ich Herausforderungen besser meistern?“
Insofern ist Yoga für mich nicht nur Berufung, sondern vor allem Lebenseinstellung und die Verbindung zu mir selbst.
Dass ich meine Begeisterung für Yoga durch meinen Job mit anderen teilen darf, und das aktuell auch noch unter Palmen, zaubert mir täglich ein Lächeln aufs Gesicht!
Hi, ich bin Julia: Yogalehrerin, Coach, Social Media Consultant und Bloggerin bei Yoga & Juliet. Ich habe meine Base in Wien, verbringe diesen Herbst und Winter allerdings auf Bali, um Yoga Retreats zu veranstalten und mich zum wiederholten Mal von der Magie Balis inspirieren und verzaubern zu lassen. Auf Indojunkie werde ich als Gastautorin über meine Yogaerfahrungen auf Bali schreiben.
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