Vielfältig, bunt und tolerant – Indonesien ist ein Inselstaat, der für seine zahlreichen Ethnien, Sprachen und Kulturen bekannt ist.
Das Land blickt auf eine lange Tradition von Pluralismus, Glaubens- und Religionsfreiheit zurück und wird häufig international für seine interreligiöse Harmonie und Toleranz gelobt.
In diesem Artikel werfen wir einen näheren Blick auf die verschiedenen Religionen des Landes sowie ihre geschichtlichen Hintergründe und finden heraus, welchen Einfluss sie auf das gesellschaftspolitische Geschehen in Indonesien ausüben.


Religion Indonesien: Das Wichtigste auf einen Blick
1) Laut der Volkszählung im Jahr 2010 waren von den damals rund 240 Millionen Indonesiern etwa 87 Prozent Muslime, rund 7 Prozent Protestanten und 3 Prozent Katholiken, fast 2 Prozent Hindus, < 1 Prozent Buddhisten, < 1 Prozent Konfuzianisten und die restlichen < 1 Prozent ohne Angabe.
2) Lange vor Ankunft bekannter Weltregionen praktizierten die Ureinwohner Indonesiens traditionelle spirituelle Rituale, die stark vom Animismus und der Ahnenverehrung geprägt waren.
3) Der Hinduismus und Buddhismus waren die ersten „Religionen“ bzw. Lebensphilosophien, die im 1. Jahrhundert nach Christus von Indien und China nach Indonesien kamen.
4) Der Islam kam im 13. Jahrhundert über die Handelsrouten in den Inselstaat und wurde zur dominierenden Religion.
5) Während der Kolonialzeit brachten die Portugieser den Katholizismus und die Niederländer später den Protestantismus ins Land.

Die Rolle der Religion in Indonesien
Religion spielt im modernen Indonesien eine wichtige Rolle. Fünfmal am Tag füllen sich die Moscheen auf Java und Lombok, samstags und sonntags füllen sich die Kirchen in Sulawesi und Flores und in zahlreichen Tempeln auf Bali finden rund um die Uhr Opfergaben und Zeremonien statt.
In einem Land mit über 17.000 Inseln ist die Vielfalt Indonesiens auch in den unterschiedlichen Glaubensrichtungen spürbar.
Der Artikel 29 der indonesischen Verfassung garantiert allen Menschen Glaubens- und Religionsfreiheit. Jedem Bürger steht es zu, nach seiner eigenen Religion und Weltanschauung zu leben und seinen Alltag entsprechend zu gestalten.
Das indonesische Motto „Einheit in Verschiedenheit“ betont den Pluralismus, der vor allem international immer wieder Anerkennung erhält und hochgelobt wird.
In der Pancasila, der Leitphilosophie Indonesiens, wird diese Religionsfreiheit eindeutiger definiert. Sie wurde am 1. Juni 1945 vom Präsidenten Soekarno verkündet und enthält die Leitsätze der unabhängigen Nation.
Das erste Prinzip der Pancasila lautet: Der Glaube an einen einzigen Gott – was für viele Anhänger bestimmter Glaubensrichtungen einen Widerspruch zum Artikel 29 darstellt.
Seit 1965 erkennt die Regierung 6 offizielle Glaubensrichtung an: Islam, Protestantismus, Katholizismus, Hinduismus, Buddhismus und Konfuzianismus.
Jeder Indonesier muss sich für eine dieser Glaubensrichtungen entscheiden, die in wichtigen Dokumenten und dem Personalausweis festgehalten wird. Es ist zwar mittlerweile rechtlich zulässig, das Religionsfeld im Personalausweis leer stehen zu lassen, doch „Andersgläubige“ sehen sich immer wieder Verfolgung und Diskrimination ausgesetzt.
Nicht anerkannte Gruppen können sich beim Ministerium für Kultur und Tourismus als soziale Organisationen registrieren lassen. Nur dann können sie Gotteshäuser errichten, Ausweise erhalten und Ehen oder Geburten registrieren.
Gesetze und Richtlinien schränken bestimmte religiöse Aktivitäten ein und stellen viele Anhänger vor administrative Hürden.


Traditionelle Glaubensrichtungen in Indonesien
Mit seiner Entscheidung im Jahr 1965 hat Soekarno eines jedoch nicht bedacht: die zahlreichen indigenen Glaubensrichtungen, die im Inselstaat existieren.
Diese traditionellen Glaubensrichtungen herrschten lange bevor eine Religion im Inselstaat Fuß fassen konnte. Sie wurden über Tausende von Jahren und Generationen weitergegeben und vereinen spirituelle Elemente aus dem Animismus sowie der traditionellen Ahnenverehrung.
Auch wenn ein Großteil der Bevölkerung zu einer der offiziellen Religionen konvertiert ist, wird der traditionelle Glaube auch heute noch praktiziert.
Besonders in abgelegenen Gegenden halten die Einwohner an den Überzeugungen und Ritualen ihrer Vorfahren fest. Schätzungsweise gibt es mehr als 245 indigene Religionen, die große regionale Unterschiede aufweisen.
In vielen Fällen haben sich die Glaubensrichtungen mit einer offiziellen Religion vermischt und eine Art Mischglauben entstehen lassen.
Beispiele hierfür sind die Toraja auf Sulawesi, die Dayak aus Kalimantan und die Batak auf Sumatra, die statistisch gesehen zwar christlich oder muslimisch sind, aber weitestgehend ihrem traditionellen Glauben folgen. Auch in Zentraljava findet sich ein Mischglaube aus Animismus und Islam.


Indonesien – ein eigentlich säkularer demokratischer Staat
Als säkulares, demokratisches Land gilt in Indonesien die Trennung von Religion und Staat. Eine Ausnahme bildet die Autonomieregion Aceh in Sumatra, deren Zentralregierung zur Umsetzung des islamischen Scharia-Rechts ermächtigt wurde.
Das Land mit der größten muslimischen Bevölkerung weltweit ist zwar kein islamischer Staat, doch trotzdem beeinflussen und inspirieren islamische Prinzipien die Politik.
Radikale islamische Gruppierungen versuchen immer wieder, teilweise unter Androhung von Gewalt, das gesellschaftspolitische Geschehen zu steuern.
Obwohl die Pancasila die religiöse Vielfalt und Neutralität wahren soll, kann sich die Exekutive in vielen Fällen dem islamischen Einfluss nicht entziehen.
Grenzen des Pluralismus
Atheismus (Weltanschauung, die die Existenz eines Gottes verneint bzw. bezweifelt) und Agnostizismus (Weltanschauung, nach der die Möglichkeit einer Existenz des Göttlichen rational nicht zu klären ist, also weder bejaht noch verneint wird) sind Überzeugungen, die von der indonesischen Gesellschaft nur schwer akzeptiert werden können.
Da sie gegen das erste Prinzip der Pancasila verstoßen, werden sie von der Regierung nicht anerkannt und dürfen nicht im Ausweis eingetragen werden.
Blasphemie (verletzende, höhnende o. ä. Äußerung über etwas Heiliges, Göttliches) ist illegal und wird strafrechtlich verfolgt, was vor allem Atheisten und Agnostiker zu spüren bekommen.
Abfällige Äußerungen über Glaubensrichtungen oder das Hinterfragen einer der anerkannten Religionen kann in vielen Fällen zu 5 oder mehr Jahren Gefängnis führen.

Die anerkannten Religionen in Indonesien
Um die religiöse Vielfalt des Landes verstehen zu können, ist ein kleiner Ausflug in die indonesische Geschichte nötig.
Inder, Chinesen, Araber, Portugiesen und Niederländer fanden in den letzten Jahrhunderten ihren Weg ins Archipel und hinterließen ihre Spuren. Meist verlief der Übergang der Religionen fließend und so existierten verschiedene Glaubensrichtungen nebeneinander.
Die politischen Spannungen während der Jahre 1964 bis 1965 sorgten jedoch für einschneidende Veränderungen in der Gemeinschaft.
Um die Kommunistischen Partei Indonesiens (Partei Komunis Indonesia PKI), die hauptsächlich aus Atheisten bestand, zu schwächen, verabschiedete Soekarno 1965 das Gesetz, das alle Indonesier zwang, sich einer offiziell anerkannten Religion zu bekennen.
Eine Folge davon waren Massenkonversionen zum Islam (und Christentum). Eine weitere war die Kennzeichnung in den Personalausweisen, die den Indonesiern bis heute erhalten geblieben ist.
1 | Der Islam in Indonesien

Mit einem Anteil von fast 90 Prozent der indonesischen Bevölkerung leben mehr als 207 Millionen Muslime in Indonesien, was rund 13 Prozent aller Muslime weltweit ausmacht.
Etwa 99 Prozent davon sind sunnitische Muslime, nur geschätzte ein bis drei Millionen sind Anhänger des schiitischen Glaubens.
Nicht alle Muslime sind in Indonesien gleich. Viele sind streng gläubig, lesen regelmäßig den Koran und besuchen häufig die Moschee. Die Religion nimmt in ihren täglichen Aktivitäten eine wichtige Rolle ein. Andere wiederum sind laut ihrem Ausweis und Familienhintergrund muslimisch, gehen zum Beten jedoch nur selten in die Moschee.
Auch in ihren religiösen Überzeugungen unterscheidet sich die muslimische Gemeinschaft. Als Abangan werden traditionelle Muslime bezeichnet, die javanische Bräuche, die stark von hinduistisch-animistischen Elementen geprägt sind, in ihre Praktiken mit einbeziehen. Sie sind vor allem in den ländlichen Gebieten zu finden.
Santri hingegen sind modernistische, orthodoxe Muslime, die in städtischen Gebieten leben und mehr auf Moscheen und den Koran ausgerichtet sind.
Der Islam in Indonesien ist je nach Region von weiteren traditionellen Einflüssen geprägt. Gebiete mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung sind u.a. Java, Sumatra, die Küstengebiete von Kalimantan, Sulawesi, Lombok, Sumbawa und die Nord-Molukken.
Ankunft des Islam in Indonesien
Quellen belegen, dass bereits im frühen 13. Jahrhundert eine Reihe indigener Völker zum Islam konvertiert sind. Auf Nord-Sumatra wurden Grabsteine aus dem Jahr 1211 gefunden, die auf die Existenz eines muslimischen Königreichs hinweisen.
Zu jener Zeit kamen arabische Kaufleute aus dem indischen Gujarat und Persien nach Indonesien, um mit den Inselbewohnern Handel zu betreiben. Mit großer Wahrscheinlichkeit übernahmen lokale Königreiche die Religion, um Vorteile für sich aus dem Handel zu ziehen. Der König von Demak gilt als Ursprung der starken Verbreitung des Islam in Indonesien.
Der Islam verbreitete sich von West-Sumatra über Java Richtung Osten aus. Durch den Einfluss bestehender Glaubensrichtungen entstanden unzählige Varianten im ganzen Land. Mancherorts errichteten muslimische Händler neue Städte, andere Orte waren von den Routen zu weit entfernt und konnten somit den Einzug des Islam verhindern.
Aufgrund der Haupthandelsrouten sammelte sich in der dicht besiedelten westlichen Region Indonesiens eine größere muslimische Bevölkerung an als im Osten, da sie einem höheren islamischen Einfluss ausgesetzt waren. Eine der verkehrsreichsten Handelsrouten der Welt war die Malakka-Straße zwischen Malaysia und Indonesien.
Obwohl die Religion in der Region bereits bekannt war, wurden islamische Königreiche und Sultanate erst im 15. Jahrhundert zur dominierenden politischen Macht im Archipel. Bis zum Ende des 15. Jahrhunderts wurden 20 islamische Königreiche gegründet, u.a. Demak, Pajang, Mataram und Banten.
Islamisierungsprozess
Der Islamisierungsprozess Indonesiens orientierte sich an Ereignissen, die eng mit den Entwicklungen in der islamischen Welt verbunden waren. Soziale Bewegungen (wie die Wahabi-Bewegung aus Arabien Anfang 19, Jahrhundert sowie die Salafi-Bewegung aus Ägypten Ende 19. Jahrhundert) verstärkten die Verbreitung des orthodoxen Islam.
Die Eröffnung des Suezkanal im Jahr 1869 hatte zur Folge, dass mehr Pilger nach Mekka reisen konnten und sich die Beziehung zwischen Indonesien und dem Nahen Osten vertiefte.
Auch heute noch eng mit der arabischen Welt verknüpft, dauert der Islamisierungsprozess Indonesiens weiter an.
Spannungen innerhalb der islamischen Gemeinschaft
Die Wellen der Islamisierung brachten nicht nur Harmonie mit sich. Nicht alle Einheimischen stimmten der Ankunft des orthodoxen Islam zu und die Spaltung zwischen den Abangan und Santri vertiefte sich.
Die beiden einflussreichsten muslimischen Organisationen Indonesiens spiegeln diese Spaltung wider. Die Muhammadiyah wurde 1912 von der modernistischen islamischen (=orthodoxen) Gemeinschaft gegründet und umfasst rund 50 Millionen Mitglieder.
Im Jahr 1926 entstand die Nahdlatul Ulama (NU), die für traditionellen javanischen Islam steht, der mystische Elemente beinhaltet. Die Organisation umfasst rund 90 Millionen Mitglieder und ihre Führer sind in der Regel anderen Religionen gegenüber toleranter.
Der Islam, der vor dem 19. Jahrhundert unterschiedlichsten Einflussfaktoren ausgesetzt war, verliert seit der Unabhängigkeit allmählich seinen vielfältigen Charakter.
Politischer Einfluss der Hardliner
Obwohl das Land nicht auf islamischen Gesetzen basiert, ist der politische Einfluss muslimischer Gruppen dennoch spürbar. Vor allem konservativ-islamische Parteien und Hardliner befürworten die Gründung eines islamischen Staates. Dabei erhalten sie von einigen Millionen Nicht-Muslimen und zahlreichen moderaten Muslimen ordentliche Gegenwehr.
Auch wenn konservativ-islamische Parteien nie eine Mehrheit erhalten haben, konnten sie indirekt ihren Einfluss auf die indonesische Politik verstärken.
Ein Beispiel hierfür ist der Fall des früheren Gouverneurs von Jakarta Basuki Tjahaja Purnama (als Ahok bekannt). Als Christ chinesischer Abstammung stellte er einen außergewöhnlichen Führer für eine mehrheitlich muslimische Stadt dar. Ende 2016 machte er eine Aussage zum Koran – und wurde der Blasphemie beschuldigt. Hardliner und konservative Lager organisierten sich auf Jakartas Straßen und übten starken Druck aus. Ein Gericht verurteilte Ahok später zu 2 Jahren Haft – ein Urteil, das bis heute stark umstritten ist.
Ein weiteres Beispiel ist die Präsidentschaftswahl im Jahr 2019. Jokowi (Joko Widodo), als zurückhaltender Muslim und Verbündeter Ahoks bekannt, ging gegen Prabowo Subianto, ein Verbündeter diverser Hardliner-Gruppen, ins Rennen. Um Angriffe aus konservativen Lagern abzuwehren, stellte sich Jokowi den konservativ-muslimischen Geistlichen Ma´ruf Amin als Vizepräsidenten an die Seite – mit Erfolg.
Erstmals erhielt ein konservativ-muslimischer Geistlicher eine hohe politische Position – was Hardlinern für die Zukunft den Rücken stärkt und eine weitere Welle im Islamisierungsprozess darstellt.
Aceh – Autonomieregion mit Scharia-Gesetz
Trotz religiöser Vielfalt gibt es eine Provinz in Indonesien, die aus dem Rahmen fällt: die Provinz Aceh auf der Insel Sumatra.
Jahrzehntelange Kämpfe um die Unabhängigkeit brachte Aceh bereits im Jahr 1959 den anerkannten Status einer Sonderregion mit Selbstverwaltung der religiösen Angelegenheiten ein und im Jahr 2005 schließlich die Teilautonomie Acehs. Die Umsetzung der Scharia-Gesetze als gültiges Rechtssystem war eine Folge davon.
Die Provinz Aceh kam als einer der ersten Provinzen bereits im 8. Jahrhundert mit dem Islam in Berührung. Hier wurde im 9. Jahrhundert das erste islamische Königreich, Perlak, gegründet. Neben dem Wunsch nach Unabhängigkeit war auch eine Umsetzung der islamischen Gesetze Ziel der jahrelangen Kämpfe zwischen Regierung und Widerstandskämpfer.
Als Veranda von Mekka, wie Aceh auch genannt wird, geht die Provinz mit gutem Beispiel für viele radikale Islamisten voran.
Lese mehr zum Thema Scharia-Gesetze in Indonesien.
Radikalismus
Leider haben in den letzten Jahren die Angriffe aus radikalen muslimischen Lagern zugenommen.
Diskriminierungen gehen vor allem von der Islamic Defenders Front (FPI) sowie den konservativ-islamischen Organisationen Majlis Tafsir Al Quràn (MTA) und Lembaga Dakwah Islam Indonesia (LDII) aus. Betroffen sind nicht nur Andersgläubige, sondern auch andersdenkende Muslime.
Islamischer Radikalismus ist in Indonesien nichts Neues. Aufstände in den 50er und 60er Jahren, eine Flugzeugentführung im Jahr 1981, die Bombenanschläge auf Bali in den 2000ern und Bombenanschläge in Jakarta haben radikal-islamische Hintergründe.
Angriffe auf christliche oder buddhistische Einrichtungen sowie Bordelle, „Casinos“ oder Bars sind in Indonesien keine Seltenheit.
2 | Protestantismus & Katholizismus in Indonesien

Mit rund 23 Millionen Anhängern und einem Anteil von etwa 10 Prozent ist das Christentum die zweitgrößte Religion in Indonesien.
Die Mehrheit bilden mit fast 7 Prozent die Protestanten, während nur etwa 3 Prozent dem Katholizismus folgen.
Die indonesische Gesellschaft unterscheidet das Christentum vom Katholizismus, da in ihren Augen das Christentum der Protestantismus ist und der Katholizismus eine andere Religion darstellt.
In westlichen Ländern hingegen ist das Christentum ein Überbegriff für verschiedene religiöse Konfessionen, die der gleichen Kernlehre, dem Glauben an Jesus Christus als Sohn Gottes, folgen.
Zusätzlich zum traditionellen christlichen Glauben gesellen sich weitere Bewegungen wie die Adventisten oder Pfingstgemeinde.
Verteilt sind christliche Gemeinden im ganzen Land, doch vorrangig in den östlichen Teil Indonesiens: Papua, Flores, Sumba, Westtimor, Maluku, Nord- und West-Sulawesi, aber auch Kalimantan und Nord-Sumatra.
Ankunft des Christentums in Indonesien
Das Christentum in Indonesien ist ein Überbleibsel aus der Kolonialzeit. Portugieser, Spanier und Niederländer hinterließen ihre Spuren, bis die Unabhängigkeitserklärung im Jahr 1945 eine weitere Ausbreitung vorläufig verhinderte.
Nachdem die Portugiesen im Jahr 1511 Malakka (das heutige Malaysia) erobert hatten, segelten sie weiter gen Osten auf die Gewürzinseln, auch als Molukken bekannt. Dort lebten sie anfangs friedlich mit der muslimischen Bevölkerung zusammen.
Im Laufe der Jahre verbreiteten katholische Priester ihren Glauben. Bis Ende des 16. Jahrhunderts war ein beachtlicher Teil der Bevölkerung auf den Süd-Molukken konvertiert. Flores und Timor waren zu jener Zeit ebenfalls wichtige Standorte für die Portugiesen. Als sie schließlich den Gewürzhandel monopolisieren wollten, kam es zu Zusammenstößen mit den Einheimischen und zu einem Rückgang ihres Einflusses.
Im Jahr 1607 kamen die Niederländer auf die Molukken und mit ihnen der Protestantismus mit calvinistisch-lutherischen Einflüssen. Auch sie strebten ein Monopol auf den Gewürzhandel an – und waren erfolgreicher als ihre Vorgänger.
Ihre Missionsaktivitäten beschränkten sich jedoch auf die Unterstützung bereits bestehender christlicher Gemeinschaften. Da zu jener Zeit nur das niederländisch-protestantische Christentum in der Region erlaubt war, wurde die Verbreitung des Katholizismus fast vollständig gestoppt.
Höhepunkt des Christentums
Der Höhepunkt des christlichen Einflusses fällt mit der Kolonialzeit im 18. Jahrhundert zusammen. Nachdem das niederländische Königreich säkular geworden war, fanden auch katholische Missionare ihren Weg nach Niederländisch-Ostindien.
Organisationen aus Europa, u.a. deutsche Missionarsgruppen, sorgten für eine starke Verbreitung des Christentums im 18. und 19. Jahrhundert.
Animistisch beeinflusste Gebiete wie Papua, Nusa Tenggara, Molukken und Kalimantan wurden erfolgreich konvertiert. Später folgten die Toraja in Sulawesi und einige Teile Sumatras, u.a. das Volk der Batak.
Die Missionsaktivitäten nahmen nach 1900 zu, als eine große Anzahl an Katholiken in die Region kam. Nordamerikanische Organisationen unterstützen protestantische Gruppen bei ihrer Arbeit. Für das Jahr 1938 war die Einführung eines Nationalen Christlichen Rats geplant, der jedoch mit dem 2. Weltkrieg und der Unabhängigkeit Indonesiens ein Ende fand.
Spannungen zwischen Muslimen und Christen
Vereinzelt gibt es mehrheitlich christliche Regionen im Land, wenngleich sie eine Minderheit darstellen. Um ihre schwache gesellschaftspolitische Position nicht zu gefährden, bemühen sie sich in der Regel um eine harmonische Beziehung zu ihren muslimischen Mitmenschen.
Gewalt zwischen Muslimen und Christen ist dennoch keine Seltenheit. Besonders tragisch war der Molukken-Konflikt in den Jahren 1999-2002.
Auch im restlichen Land gibt es immer wieder Nachrichten über erzwungene Schließungen von Kirchen, Angriffe radikaler Muslime auf christliche Einrichtungen und Hinderungen an der Teilnahme an Gottesdiensten.
Die Gründe für diese Übergriffe sind nicht immer eindeutig. Schon während der Kolonialzeit wurden christliche Eliten bevorzugt behandelt und erhielten einflussreiche Positionen in Politik und Wirtschaft. Da sie als Minderheit jedoch keine wirkliche Gefahr darstellten, wurden sie häufig als Verbündete angesehen – vor allem in der Zeit islamischer, kommunistischer und nationalistischer Aufstände.
Als Suharto in den 80er und 90er Jahren eine pro-muslimische Richtung einschlug, um mehr Unterstützer zu erhalten, verloren die Christen ihren politischen Einfluss.
Nach dem Sturz Suhartos im Jahr 1998 häuften sich religiöse Konflikte und der Kampf um soziale, wirtschaftliche und politische Mächte begann.
3 | Hinduismus und Buddhismus in Indonesien

Der Hinduismus ist einer der ältesten Religionen in Indonesien. Heute ist er mit etwa 1,7 Prozent und 4 Millionen Anhängern die drittgrößte Religion im Archipel.
Der Buddhismus, der kurze Zeit später in die Region kam und parallel zum Hinduismus existierte, zählt heute rund 2 Millionen Anhänger, die hauptsächlich chinesischer Abstammung sind.
Beide Religionen konnten sich im 2. und 4. Jahrhundert gut entwickeln, da sie sich fast nahtlos in vorherrschende indigene Überzeugungen einfügten.
Regionale Unterschiede im traditionellen Glauben sorgten für eine große Vielfalt im Hinduismus. Ein Großteil der hinduistischen Vergangenheit ist jedoch aufgrund der darauffolgenden Eroberungen im Laufe der Zeit verschwunden.
Eine Ausnahme ist Bali, eine Insel, auf der die Mehrheit der Bevölkerung noch am hinduistischen Glauben festhält. Hier war die Macht des Islam nicht stark genug, um die starken kulturellen Mauern niederzureißen. Die Insel ist bis heute weltbekannt für ihren einzigartigen Hinduismus.
Beide Religionen sind noch in verstreuten Gemeinden rund um den Archipel zu finden, allen voran in Bali, Zentral-, Süd- und Ost-Sulawesi, Zentral-Kalimantan und Süd-Sumatra.
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Anfänge des Hinduismus und Buddhismus in Indonesien
Hinduistisch-buddhistische Königreiche regierten lange vor Aufkommen des Islams die Region.
Über die Seidenstraße, die Indien mit China verband, gelangten indische Händler im ersten Jahrhundert nach Christus nach Java, Sumatra und Sulawesi und mit ihnen der hinduistische und buddhistische Einfluss.
Damalige Herrscher nutzten den neuen Glauben als Bereicherung für ihre Macht und ließen sich als hinduistische Götter verehren.
Im 4. Jahrhundert bereitete sich der Hinduismus in ganz Indonesien, besonders jedoch auf Java und Sumatra aus. Zwischen dem 5. und 13. Jahrhundert entstanden viele hinduistisch-buddhistisch geprägte Königreiche, wie Kutai, Sriwijaya und Sailendra.
Den Höhepunkt bildete das goldene Zeitalter Majapahit (1293-1500), das auf einer Mischung aus hinduistischen, buddhistischen und animistischen Überzeugungen aufgebaut war.
Der buddhistische Borobudur-Tempel, das größte buddhistische Heiligtum der Welt, sowie der hinduistische Prambanan-Tempel (beide in der Nähe von Yogyakarta auf Java) entstanden etwa zur gleichen Zeit um das 8. Jahrhundert.
Die Ankunft des Islam und der Untergang des Königreichs Majapahit beendeten die Ära des blühenden Hinduismus in Indonesien. Die neue, schnell wachsende Religion ließ den Großteil der Einheimischen zum Islam konvertieren.
Spürbarer Einfluss
Auch heute noch sind die hinduistischen und buddhistischen Einflüsse im Archipel spür- und sichtbar, allen voran in der javanischen Kunst und Kultur.
Beispiele hierfür sind das Schattentheater Wayang Kulit, viele aus dem Sanskrit übernommene Wörter und Kejawen, ein javanischer Volksglaube, der Elemente des Animismus, Hinduismus und Buddhismus vereint.
Einzigartiger Hinduismus in Bali
Bali ist das beliebteste Touristenziel Indonesiens. Grund dafür sind nicht nur die wunderschönen Naturlandschaften, sondern allen voran die einzigartigen kulturellen und religiösen Traditionen
Vor der Ankunft des Hinduismus auf Bali durchlief er auf Java bereits drastische Veränderungen. Eine neue Form des Hinduismus entstand, der sich vom indischen Hinduismus unterscheidet und weltweit einzigartig ist.
Ein Merkmal des balinesischen Hinduismus ist die Vereinigung von Hinduismus und Buddhismus. Das Priestersystem in Bali umfasst Hindus ebenso wie Buddhisten und buddhistische Schriften spielen eine wichtige Rolle.
Elemente des Animismus bilden die Grundlage für viele Rituale. Auf Bali existiert der Glaube, dass Naturereignisse von Geistern beeinflusst werden. Viele Opfergaben aus landwirtschaftlichen Produkten sollen diese daher gutmütig stimmen.
Der Berg Agung gilt als Heimat der Götter und Vorfahren und wird als Mutterberg sehr verehrt.
Das Hauptsymbol ist das Sonnenrad oder Hakenkreuz, das auch im indischen Hinduismus verwendet wird. Im Gegensatz zum indischen Hinduismus jedoch, findet das Kastensystem in Bali keine strenge Anwendung.
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4 | Konfuzianismus

Über chinesische Händler gelangte der Konfuzianismus bereits früh in die Region. Im Gegensatz zu anderen Religionen lebte er jedoch hauptsächlich von individuellen Anhängern statt einer festen Institution.
Durch einen Zustrom chinesischer Einwanderer im 18. Jahrhundert erhielt der Konfuzianismus gesellschaftspolitische Aufmerksamkeit.
Erst im Jahre 1965 offiziell als Religion erkannt, wurde er besonders in den Jahren 1966 bis 1998 hart getroffen. Die Anti-China-Politik des früheren Diktators Suhartos führte zu einem vorläufigen Verbot der Glaubensrichtung.
Heute wird der Konfuzianismus hauptsächlich von chinesisch-stämmigen Indonesiern praktiziert, ihr Anteil zur Gesamtbevölkerung beträgt dabei weniger als ein Prozent.
Der Konfuzianismus ist eine Art Hierarchiesystem mit Verhaltenskodex und beeinflusst das tägliche Leben durch spirituelle Praktiken. Neben dem Buddhismus und Taoismus gehört er zu den großen „Drei Lehren“ Chinas.
Religion in indonesien: (In-)Toleranz
Indonesien – ein Land, das für seine Vielfältigkeit und Toleranz bekannt ist, macht leider auch immer wieder Schlagzeilen, wenn es um die Diskriminierung und Verfolgung religiöser Minderheiten und Andersdenkender geht.
Vor allem Aceh, die Autonomieregion Sumatras zeigt sich wenig tolerant: Schließung, und Abriss von Kirchen, Inbrandsetzung, ganze Vertreibung von christlichen Gemeinden und erzwungene Ladenschließungen zu Zeiten des Ramadan.
Doch auch im restlichen Land stehen Minderheiten vor großen Hürden. Ein Beispiel dafür sind Anhänger der Bahá`í, eine Glaubensrichtung mit Ursprung im Iran. Öffentlichkeitsarbeit ist verboten und Treffen der Bahá`ís dürfen nur innerhalb der Gemeinschaft stattfinden. Die Website der Gemeinschaft wurde bereits wiederholt gesperrt.
Ein weiteres Beispiel ist die Ahmadiyya-Gemeinschaft, die regelmäßig von Hardliner-Gruppen unter Druck gesetzt und diskriminiert wird. Erzwungene Schließungen von Moscheen und die Hinderung am religiösen Dienst zwingen viele Gemeinschaften zur Flucht.
Der schiitische muslimische Religionsführer Tajul Muluk wurde wegen angeblicher Gotteslästerung aus seinem Dorf in Ostjava vertrieben und inhaftiert.
Der Beamte und Atheist Alexander Aan wurde wegen eines Facebook-Posts inhaftiert und ist anhaltender Diskrimination ausgesetzt.
Bericht der Menschenrechtsorganisation Christian Solidarity Worldwide
Die Christian Solidarity Worldwide ist eine Menschenrechtsorganisation mit Fokus auf Religionsfreiheit. Sie unterstützt nicht nur Christen, sondern alle Menschen, die aufgrund ihres Glaubens oder Nichtglaubens verfolgt oder diskriminiert werden.
Ein bereits 2014 erschienener Bericht mit dem Titel „Pluralismus in Gefahr“ macht auf die zunehmende Intoleranz in Indonesien aufmerksam, von der alle Religionsgemeinschaften gleichermaßen betroffen sind: schiitische und sunnitische Muslime, progressive pluralistisch gesinnte Muslime, protestantische und katholische Christen, Buddhisten, Hindus, Konfuzianer, Bahá`ís, Anhänger traditioneller Glaubensrichtungen und Menschen ohne Religionszugehörigkeit.
Angriffe beschränken sich nicht nur auf einzelne Regionen, sondern sind mittlerweile landesweit spürbar. Der wachsende Extremismus macht sich sogar nach außen hin bemerkbar: Im Jahr 2012 musste Lady Gaga ein Konzert in Jakarta absagen, da sie Drohungen von radikalen Islamisten erhielt.
Die Christian Solidarity Worldwide gibt folgende Gründe für die steigende Intoleranz an:
- Die Verbreitung extremistischer Ideologien von außerhalb Indonesiens, die von Saudi-Arabien, Jemen und Ländern des Nahen Ostens finanziert und von Organisationen im Land unterstützt werden.
- Die Untätigkeit und Mitschuld lokaler, regionaler und nationaler Behörden, einschließlich hochrangiger Politiker, die diskriminierende Erklärungen abgegeben haben.
- Die Umsetzung diskriminierender Gesetze und Vorschriften.
- Die schwache Strafverfolgung seitens der Polizei und Justiz in Fällen, in denen religiöse Minderheiten die Opfer sind.
- Die mangelnde Bereitschaft der Muslime, sich gegen Intoleranz auszusprechen.
Auch wenn es keine großen interreligiösen Konflikte wie auf den Molukken oder Sulawesi mehr gibt, scheint die Intoleranz mittlerweile tiefer verwurzelt zu sein.
Das passive Verhalten der zwar mehrheitlich toleranten Bevölkerung hat eine weit verbreitete Akzeptanz von Diskriminierung, Verfolgung und Gewalt zur Folge.
Der Christian Solidarity Worldwide zufolge liegt es vor allem an der Regierung, ein deutliches Zeichen gegen Intoleranz zu setzen, statt mit ihrer Abwesenheit weitere Gewalt zu schüren.
Die Änderung diskriminierender Gesetze, wie das Blasphemiegesetz, das bis zu 5 Jahren hinter Gittern vorsieht, sowie die Streichung der Religionsspalte im Personalausweis wären erste Schritte zur Wiederherstellung religiöser Toleranz.
Religion in Indonesien: Toleranz – jeder einzelne ist gefragt
Indonesien: vielfältig, bunt und tolerant – zumindest nach außen hin. Wer jedoch genau hinschaut, kann es hin und wieder spüren: Moscheen, die sonntags die Lautstärke ihrer Lautsprecher aufdrehen, Adventisten, die kein gutes Wort über Christen fallen lassen oder muslimisch gekennzeichnete Warungs und Geschäfte, die Andersgläubigen ein unwillkommenes Gefühl vermitteln.
Dabei liegt es nicht nur an der Regierung, ein deutliches Zeichen zu setzen, sondern an den einzelnen Menschen, Vorurteile fallen zu lassen und sich auf Augenhöhe zu begegnen. Denn unter unserer Haut, tragen wir die gleichen Organe, die gleichen Muskeln und das gleiche Herz – und da sind wir uns doch alle einig!
Wie sind deine Erfahrungen zum Thema Religion in Indonesien? Hast du positive oder vielleicht sogar negative Erlebnisse gehabt? Wir freuen uns auf deinen Kommentar!
Über die Autorin:
Gunda kommt aus der Tauch- und Tourismusbranche und war einige Jahre in Südostasien unterwegs, bevor sie ihr Herz an Indonesien verlor. Hier fand sie nicht nur ihre neue Heimat, sondern auch ihre große Liebe. Nach der Leitung eines Tauchresorts in Raja Ampat, entstand die Idee zu ihrer Webseite. Mittlerweile lebt sie als freie Autorin und Podcasterin mit ihrem Mann Hartono auf Morotai, wo die beiden sich eine kleine Selbstversorger-Farm aufbauen. Auf ihrem Instagram-Kanal kannst du ihnen dabei folgen. Mehr von dieser Autorin lesen.
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