Ein Beitrag von Markus Krauße, Autor des Buches Bali verstehen lernen
Auf Bali bekennt sich über 90 Prozent der Bevölkerung zum balinesischen Hinduismus. Die einzigartige Religion Balis ist allgegenwärtig. Balinesen beten viel und häufig. Es gibt viele Feiertage und dementsprechend auchviele Zeremonien.
Die meisten Balinesen freuen sich, wenn sich Gäste aus anderen Ländern für ihre Kultur und Religion interessieren. So passiert es auch durchaus nicht selten, dass wir zu einer Zeremonie eingeladen werden.
Für jemanden, der das noch nie erlebt hat, ist eine balinesische Zeremonie natürlich sehr aufregend, allerdings auch mit sehr vielen Fragen verbunden.
Insbesondere wenn es eine größere Zeremonie in einem öffentlichen Tempel ist, sehe ich häufig verunsicherte Blicke von Touristen, wie sie sich verhalten sollen und was das alles zu bedeuten hat.
Es gibt auch durchaus einige Regeln, die zu befolgen sind. Die meisten davon sind allerdings fast selbstverständlich.
Das wichtigste ist zunächst einmal, dass wir bei einer Zeremonie oder einem Tempelbesuch die richtige Kleidung tragen.
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Bali Religion: Die richtige Kleidung für einen Tempelbesuch
Bei jeder Zeremonie oder religiösen Veranstaltung und insbesondere bei einem Tempelbesuch gilt es die passende Kleidung zu benutzen.
Hierbei gibt es unterschiedliche Bekleidung für Männer und für Frauen. Zudem variiert die Bekleidung etwas in Abhängigkeit der Veranstaltung.
Für Touristen werden allerdings deutlich lockerere Bedingungen akzeptiert. Für den Besuch in einem Tempel und für die meisten Zeremonien benötigen diese nur einen Sarong als Rock gebunden, einen Hüftschal als Gürtel und ein T-Shirt oder ein Hemd, welches Schulter und Bauch bedeckt.
Das Oberteil sollte möglichst nicht zu dunkel sein. Weiß, rot, orange und alle Cremefarben sind geeignet.
Bei den Schuhen gibt es keine großen Vorgaben. Viele Balinesen tragen einfach Sandalen oder Flip Flops.

Die richtige Kleidung für Frauen
Bei Frauen wird der Sarong lediglich im Uhrzeigersinn um die Hüfte gewickelt. Dabei sollte der Sarong fest sitzen aber immer noch einen bequemen Schritt ermöglichen.
Das T-Shirt oder die Bluse wird über den Sarong getragen und zum Schluss der Schal um die Hüfte gebunden.
Frauen sollten lange Haare nicht offen tragen, sondern zu einem Zopf binden.
Hinweis für Frauen: Während ihrer Menstruationsphase ist der Besuch eines Tempels nicht gestattet, da nach dem Glauben die Reinheit des Tempels durch das Blut beschädigt wird.

Die richtige Kleidung für Männer
Es ist zwar im Grunde kein Problem, wenn Männer den Sarong auch nur um die Hüfte wickeln, dies ist aber nicht die übliche Trageweise für Männer.
Männer falten den Sarong mit der rechten Seite mehrfach übereinander, so dass vorne mittig eine Art Ziehharmonikaeffekt entsteht. Allerdings gibt es hier durchaus unterschiedliche Falttechniken. Die folgende Bildserie illustriert diese Anlegetechnik.
Männern empfiehlt es sich zudem einen Udeng auf dem Kopf zu tragen. Steht kein Udeng zur Verfügung kann dieser bei einem einfachen Tempelbesuch ohne Zeremonie aber auch weggelassen werden.

Ablauf einer Zeremonie im Tempel & richtiges Verhalten vor Ort
Die Möglichkeit zu haben an einer von einem Priester geleitete Zeremonie teilzunehmen, ist für die meisten Touristen ein Highlight ihrer Balireise.
Es gibt viele Arten von Zeremonien und in ihrem Ablauf unterscheiden sich diese zum Teil erheblich. Wir wollen hier allerdings nicht zu sehr ins Detail gehen und mehr darauf schauen, was einen als Tourist in etwa erwartet und wie wir uns verhalten sollten.
So eine Zeremonie ist insgesamt deutlich lockerer, als z.B. ein Gottesdienst in einer christlichen Kirche. Wir sollten der Zeremonie zwar den nötigen Respekt zollen und nicht zu laut sein, die meiste Zeit können wir uns aber durchaus mit unserem Nachbarn unterhalten und es darf auch durchaus dabei gelacht werden.
Es gibt keine exakte Uhrzeit, wann eine Zeremonie beginnt oder endet. Die Zeremonien in den öffentlichen Tempeln werden kontinuierlich abgehalten, d.h. es finden etliche Zeremonien hintereinander statt und wir müssen gegebenenfalls warten, bis die aktuelle Zeremonie beendet ist.
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Empfehlenswerte Sitzposition
Nachdem wir den inneren Teil des Tempels betreten haben und während die Balinesen ihre Opfergaben nach vorne bringen, setzen wir uns an einem freien Platz im Schneidersitz nach vorne schauend auf den Boden. Frauen können auch gerne kniend sitzen.
Wer Probleme mit den Knien hat, kann die Beine weiter öffnen oder zur Seite legen, sollte dabei aber beachten, die Füße niemanden entgegenzustrecken, da diese aufgrund des direkten Kontakt zum Boden als unrein gelten und das Entgegenstrecken als unhöflich empfunden wird.

Eingangsritual
Anschließend positionieren wir ein glimmendes Räucherstäbchen vor uns auf dem Boden.
Daraufhin können wir mit einer Blume, die zwischen unseren zusammengefalteten Händen vor unsere Stirn gehalten wird, unseren Geist frei und uns so für die Zeremonie bereit machen.
Bis zum eigentlichen Gebet gibt es für uns nicht mehr viel zu tun und wir können den Ablauf der Zeremonie genießen. Von unserem Sitzplatz mal ein paar Fotos oder ein Video zu machen, ist im Allgemeinen kein Problem.

Tri Sandhya Gebet
Meist ruft der Priester nach etwa zweidrittel der Zeremonie zum Gebet der Tri Sandhya auf. Dieses Gebet ist vergleichbar mit dem christlichen Vaterunser.
Während der Tri Sandhya bringen wir unsere Hände in Form einer Lotusblüte vor unsere Brust und schließen die Augen, um den sechs Versen der Tri Sandhyazu folgen.
Es kann aber auch durchaus vorkommen, dass die Tri Sandhya ausgelassen wird, insbesondere wenn viel Andrang herrscht und viele Zeremonien hintereinander durchgeführt werden.

Ritual Kramaning Sembah
Nach der Tri Sandhya folgt mit einem kleinen zeitlichen Abstand das Ritual Kramaning Sembah. Hierbei fordert der Priester die Anwesenden auf gemeinschaftlich insgesamt fünfmal zu beten.
Wie bereits beim Eingangsritual führen wir jedes Mal unsere gefalteten Handflächen an die Stirn.
1) Das erste Mal tun wir dies ohne Blume.
2) Beim zweiten, dritten und vierten Mal jeweils mit Blume zwischen den Handflächen.
3) Und beim fünften Mal wieder ohne.
Wir halten die Hände in etwa solange oben, wie der Priester sein Glocke (Genta) läutet. Die von Priestern eingesetzte Glocke, die du überall auf Bali vernehmen wirst, haben wir dir im Folgenden abgebildet.

Heiliges Wasser (Tirta) und Reis (Bija)
Zum Ende der Zeremonie wird vom Priester und seinen Helfern heiliges Wasser (Tirta) und in Wasser eingeweichter Reis (Bija) verteilt.
Wenn der Priester zu uns kommt, legen wir beide Hände offen nach oben gerichtet auf die Beine, um ihn zu signalisieren, dass wir bereit sind, das geheiligte Wasser, den Reis und damit sozusagen auch den Segen von Hyang Widhi (dem höchste Gott der Balinesen) zu erhalten.
Der Priester hat hierfür ein Gefäß mit dem heiligen Wasser und eine Art kleiner Reisigbesen. Zu Beginn bespritzt er mit dem kleinen Reisigbesen unseren Kopf mit dem heiligen Wasser.
Dann legen wir die rechte Hand über die linke und strecken diese dem Priester entgegen. Dieser träufelt uns mit dem Reisigbesen das geheiligte Wasser in die Hand. Wir führen dieses mit der rechten Hand zum Mund und trinken davon einen kleinen Schluck.
Anmerkung zum heiligen Wasser: Wenn ich Touristen dabei sehe, wie ihnen das Wasser gegeben wird, fragen sich sicherlich viele, ob sie das Wasser überhaupt bedenkenlos trinken dürfen. Denn in Reiseführern wird häufig vor Leitungswasser gewarnt. Meist stammt das Wasser für Zeremonien aus sauberen Quellen, das muss aber tatsächlich nicht immer der Fall sein. Wenn du Bedenken hast, kannst du nur ein bisschen an dem Wasser nippen.

Dies wiederholen wir insgesamt dreimal. Beim vierten Mal verteilen wir das vom Priester in die Hand erhaltene Wasser auf dem Kopf. Meistens wiederholen wir auch dies noch weitere zweimal, manchmal belässt der Priester es aber auch bei dem einen Mal.
Ist das Ritual beendet, beträufelt er mit dem Reisigbesen nochmals unseren Kopf. Danach wird uns ein Gefäß mit dem im Wasser getränkten Reis entgegengehalten.
Den Reis greifen wir mit der rechten Hand und legen ihn dann in die Linke. Von dort nehmen wir eine kleine Portion mit Daumen, Zeigefinger und Mittelfinger und kleben diese direkt in die Mitte der Stirn.

Dankesmantra zum Abschluss einer Zeremonie
Wenn alle Gläubigen das Weihwasser und den Reis erhalten haben, ruft der Priester zu einem kleinen Dankesmantra auf.
Dazu legen wir wieder die gefalteten Hände vor die Stirn und sagen „Om Shanti Shanti Shanti Om“. Damit ist die Zeremonie beendet. Wir stehen auf und können den Tempel verlassen.
Om Shanti Shanti
Shanti Om
Dankesmantra
Buchtipp: Bali verstehen lernen
Etwas, was Bali ganz speziell macht, sind die Menschen und ihre Religion. Der balinesische Hinduismus hat Einfluss auf das gesamte gesellschaftliche Leben und ist tief verwurzelt in der Identität der Inselbewohner.
Wenn Touristen die Insel wieder verlassen, bleiben allerdings meist viele Fragen offen: Was für eine Bedeutung haben all diese Opfergaben? Wie viele verschiedene Götter gibt es in dieser Religion? Was passiert bei einer Zeremonie?
Das Buch „Bali verstehen lernen“ ist ein Reiseführer in den balinesischen Hinduismus. Neben den Grundlagen der Religion, den wichtigsten Feiertagen und der Geschichte von Bali, werden auf viele weitere für Touristen interessante Details eingegangen, wie z.B. Wie verhalte ich mich in einem Tempel? Kann das Weihwasser gefahrlos getrunken werden? Was passiert, wenn ich aus Versehen auf eine Opfergabe trete? Wir werfen zudem einen Blick auf die verschiedenen balinesischen Tänze, das Gamelan-Orchester und lernen einige sehr spezielle Rituale kennen, z.B. die Zahnfeilung und den Feuertanz.

Über den Autor Markus Krauße: Als Informatiker war ich über 15 Jahre im Hochschulbetrieb tätig. 2002 kam ich zum ersten Mal nach Bali und wie viele andere Touristen habe ich mich in diese Insel verliebt. Wahrscheinlich auch weil Bali in vielen Dingen anders funktioniert, als ich es als wissenschaftlich erzogener Mensch kannte. Mich hat es über die Jahre immer wieder nach Bali gezogen. 2007 habe ich mich auch noch in eine Balinesin verliebt und diese 2009 geheiratet. Seitdem ist die hinduistische Religion ein Bestandteil meines Lebens. 2020 habe ich mein erstes Buch im Selbstverlag veröffentlicht: Bali verstehen lernen.
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