Sandra Huber ist selbstständige Lektorin mit einem ortsunabhängigen Online-Business (ProLektorat) und hat vor ein paar Jahren auf Bali ihre zweite Heimat gefunden. Wie ihr Leben auf der Insel aussieht, was ihre Lieblingsorte zum kreativen Arbeiten sind und was Bali einem fürs eigene Leben lehren kann, erfährst du hier.
Auf Bali ist einfach alles „wärmer“ – offener, loyaler, gechillter, sorgenfreier, entschleunigter und ja, offensichtlich auch buchstäblich wärmer.

Du verbringst in letzter Zeit sehr viel Zeit auf Bali. Was genau machst du dort?
Nach drei Monaten in Chiang Mai (als „Startpunkt“ meiner Reise) war Bali meine nächste und ehrlich gesagt auch (bis jetzt) letzte Destination, von ein paar Visa-Runs mal abgesehen.
Im Endeffekt bin ich also gar kein Digital Nomad, da ich Bali als meine feste Base ausgewählt habe, von der aus ich reise und die Welt entdecke. Perfekt für meine nächsten Reiseziele wie z. B. Vietnam, die Philippinen, Australien und Neuseeland.
Ich arbeite auf Bali ortsunabhängig an den Projekten meiner Agentur – meistens von zu Hause – und koordiniere unterschiedliche Schreibprojekte unter spezialisierten Freelancern und mir selbst.
Unser Fokus liegt auf Autoren und deren Buchprojekten (von Lektorat bis hin zum Buchsatz), auf Online-Unternehmern und deren Webpräsenzen (v. a. für Website- und Blogtexte) und auf Studenten zur Unterstützung bei wissenschaftlichen Arbeiten.
Bücher, die ich zum Beispiel in den letzten Wochen hier auf Bali lektorieren durfte, sind das neue Werk von Sebastian Kühn 12 neue Leben oder der autobiografische Wegweiser The Chainless Life von Mischa Janiec.
Ein weiterer Fokus, besonders für mich persönlich, liegt auf der Betreuung von noch unentdeckten Talenten im Schreibservice, die sich auch gern (ortsunabhängig) selbstständig machen wollen.
Diese Betreuung setze ich bereits in persönlichen Coachings um, will mein Wissen jedoch in Zukunft auch in einem Onlinekurs mit gegenseitigem Austausch in einer privaten Facebook-Gruppe anbieten. Darin sehe ich einfach den besten und effektivsten Weg, Wissen und gleichzeitig Erfahrung vermitteln zu können.
Bali war und ist meine persönliche Inspirationsquelle für all das – sowohl in Bezug auf mein privates Leben als auch für meine Arbeit.
And more positive vibes to come!

Was waren deine bisherigen Lieblingsorte für deine kreative Arbeit?
Mein Arbeitsort ist tatsächlich wahnsinnig entscheidend für die Qualität meiner Arbeit und auch unglaublich für meine Kreativität und den Spaß dabei.
Am liebsten arbeite ich tatsächlich zu Hause in meinem Appartement in Kerobokan (zwischen Canggu und Seminyak), da ich dort einfach meinen „Happy Place“ gefunden hab!
Ganz besonders inspirierend war für mich aber auch der Bingin Beach auf der Bukit und die Insel Gili Air! Vor allem auf Gili Air konnte ich komplett abschalten und einfach nur für mich selbst sein – das braucht man tatsächlich auch mal zur Abwechslung, selbst wenn man sonst schon im Paradies lebt.
Am Bingin Beach, im „Sticky’s 2“, hab ich’s sogar so genossen, auf meiner Terrasse oben auf den Klippen zum Geräusch der rauschenden Wellen zu schreiben, dass ich sogar fast das Surfen vergessen habe!
Ein weiterer Lieblingsort zum Arbeiten ist für mich definitiv das „Joshua District“ in Tabanan – mit einem Daybed und Blick auf fast unendliche Reisfelder sowie sehr gutem Essen und Kaffee.
Auch im „Zin Café“ in Canggu lässt es sich super gut arbeiten, da es dort nicht zu busy ist und man seine Ruhe hat.
Genauso kann ich das „Ingka“ in Kerobokan empfehlen, ganz besonders den Garten draußen, in dem man wirklich das Gefühl hat, sein zweites Wohnzimmer gefunden zu haben.

Wo bist du am liebsten, wenn du wirklich produktiv sein musst?
Da meine Arbeit (bis auf Marketing und die Erstellung von kreativen Inhalten für meinen Blog) stets enorme Konzentration und einen absolut ablenkungsfreien Fokus benötigt, arbeite ich fast ausschließlich allein und von daher auch am liebsten einfach nur zu Hause.
Coworking Spaces sind eine gute Alternative, wenn man bspw. in einem Homestay oder in einer Villa mit vielen Housemates lebt – für mich bergen sie aber zu viele potenzielle Ablenkungen.
Wenn ich jedoch einmal einen Tapetenwechsel oder kreative Unterstützung brauche, gehe ich super gern ins „Tropical Nomad“ am Shortcut in Canggu.

Was hat dich Bali gelehrt?
Bali ist mein persönlicher „Happy Place“.
Auf Bali konnte ich zu genau der Person werden, die immer schon in mir geschlummert hat, aber in Deutschland durch die festgefahrenen Strukturen und Erwartungshaltungen regelrecht unterdrückt wurde. Die krasse Karriereorientierung hatte mich eher in den Burn-out als zur Wertschätzung all der Möglichkeiten getrieben.
Auf Bali ist einfach alles „wärmer“ – offener, loyaler, gechillter, sorgenfreier, entschleunigter und ja, offensichtlich auch buchstäblich wärmer.
Ich kann mir ehrlich gesagt nicht mehr vorstellen, an einem Ort ohne Sonne und Meer zu leben.
Bali hat mich gelehrt, dass für Menschen auch andere Dinge wichtig sein können, vor allem einfach nur glücklich, dankbar und zufrieden mit dem Status quo zu sein.
Auch wenn es hier auch sehr viele, sagen wir mal, ambitionierte (Expat-)Entrepreneure gibt, halte ich mich eher an die sehr viel entspanntere Einstellung von Locals, genieße jeden Moment, den ich hier sein darf, und übe mich in Bezug auf Business-Ziele in (fast) sorgenfreier Geduld.

Was waren deine bisherigen absoluten Lieblingsorte auf der Insel?
Mein absoluter Lieblingsstrand (so far) ist definitiv Bias Tugel an der Ostküste.
Mein Lieblingsort auf der Bukit ist Bingin Beach (an der Westküste) und Greenbowl und Melasti Beach an der Südküste.
Wahnsinnig gern bin ich auch in Seseh, da es von mir nicht so weit entfernt ist und es dort auch noch super local ist.
Mein Lieblings-Beachclub, obwohl ich sonst nicht wirklich ein Beachclub-Girl bin, ist „La Brisa“, da der Style einfach komplett meins ist und auch der Spot direkt vor dem Line-up am Echo Beach liegt.
Lieblings-Restaurants kann ich fast gar nicht nennen, da es in Berawa und Canggu einfach so krass viele Möglichkeiten gibt, international zu schlemmen! Indonesisch lokal, italienisch, japanisch, chinesisch, indisch, thailändisch, mexikanisch, spanisch, … wenn ich aber jeweils favorisierte Restaurants benennen müsste, wären das momentan: „Oma Jamu“ und „Warung Padang Vegan“ (beides vegane Warungs), „La Baracca“ (authentischer Italiener mit Candlelight-Atmosphäre), „TYGR Sushi“ und „INK“ (handgerolltes Sushi), „Sista“ (Chinese-Fusion), „The Piring Daun“ (günstigster Inder mit lockerer Atmosphäre), „Thai Kitchen“ (wie in Thailand) und „555“ (Szene-Thai), „Lola’s“ (stylischer Mexikaner mit dem besten Coconut Espresso Martini). Und für einen Mix aus (fast) allen dieser Küchen gehe ich super gern ins „Ingka“.
Ich glaube, dass die schönste Unterkunft, die ich bisher gesehen habe, definitiv das „Dreamsea“ in Pecatu (Nähe dem Padang Padang Beach auf der Bukit-Halbinsel) ist.

Warum denkst du, dass Bali „Digitale Nomaden“ so magisch anzieht?
Hm, ich denke, dass es hier für einige, sagen wir mal, „Role Models“ gibt, an die sich Digitale Nomaden halten möchten, was ich auch absolut unterstützen kann.
Nichts ist besser, als sich in Bezug auf seine Ziele an denjenigen zu orientieren, die es sozusagen „schon geschafft haben“ und bereits das Leben leben, wie man es sich selbst wünscht.
Damit meine ich sowohl Personen im engeren Freundeskreis (»you’re the average of the 5 people you spend the most time with …« – Jim Rohn) als auch etwas weiter entferntere wie z. B. Instagrammer oder Influencer, die ihren (mehr oder weniger) persönlichen Lifestyle öffentlich bekannt machen.
Manchmal ist es aber auch einfach nur, wie bei mir, die Erinnerung an einen unvergesslichen und besonderen Urlaub, der in einem den Wunsch hervorruft, dies in Zukunft für länger oder vielleicht sogar „für immer“ zu haben.
Die so positiven Erinnerungen an meinen ersten Aufenthalt auf Bali vor fast fünf Jahren haben mich darin bestärkt, es einfach zu versuchen und auch alles dafür aufzugeben bzw. zu tun, damit dieser Traum zur täglichen Wirklichkeit wird.
Well, nailed it!

Befindest du dich nur in der „Digital-Nomad-Bubble“?
Genau aus den vorher genannten Gründen, warum es so viele nach Bali zieht, gibt es hier tatsächlich eine Digital-Nomad-Bubble. Darin sind Leute, die sich eben ausschließlich mit Leuten umgeben, die sie businesstechnisch inspirieren, aber dafür z. B. weit Abstand von Touristen halten.
Manchmal befinden sie sich sogar in einer Bubble mit fast ausschließlich gleichen Nationalitäten, was ich bisher vor allem unter Russen und Südamerikanern beobachten konnte.
Hands down, dort war ich auch lange Zeit, allerdings nur aus Unsicherheit und dem starken Wunsch nach, sagen wir mal, Geborgenheit im bereits Bekannten.
Ganz besonders, da mein Englisch einfach grottenschlecht war.
Mittlerweile bin ich jedoch fast süchtig nach Erfahrungen mit anderen Kulturen und generell den Beweggründen aller Menschen, die es nach Bali zieht.
Und mittlerweile führe ich sogar die meisten (vor allem tiefen) Gespräche auf Englisch. Für mich ein wahnsinniges Learning, die Vielfältigkeit darin ist tatsächlich fast nicht zu überbieten.
Auch mit Locals kann ich hier super gut connecten, auch wenn mein Indonesisch immer noch fast peinlich ist, haha. Hierzu muss ich aber sagen, dass Locals einfach mehr daran interessiert sind, ihr eigenes Englisch aufzubessern, als mit mir ihre Sprache zu sprechen, da Bali vom Tourismus lebt.
Ich kenne übrigens sogar einige Paare, die fast nie Indonesisch oder Balinesisch miteinander sprechen, wenn sie nicht gerade bei deren Familie sind.
Ich persönlich wertschätze die Kultur – vor allem die lokale balinesische – sehr und bin immer wieder von Neuem über deren Loyalität gegenüber uns „Bules“ und der Leichtigkeit gegenüber dem Leben überrascht.

Wie stehst du zu der drastischen Veränderung in der Canggu-Region und vielen anderen Regionen Balis?
Bali ist nicht wirklich ein „remote island“, sondern eine Insel, die vor allem in den Ballungsgebieten vom Tourismus lebt. Das muss einem schon auch stets bewusst sein. Natürlich wird dies auch immer mehr und beliebter und natürlich reagieren auch lokale und internationale Businesses darauf und wollen einen Teil vom Kuchen haben.
Da ich jedoch jederzeit die Möglichkeit habe, dem Ganzen zu „entfliehen“, wie z. B. in ländlichere Gebiete oder auf wirkliche „remote islands“ außerhalb von Bali, beschwere ich mich nicht darüber, sondern wertschätze das, was mir hier gefällt, und meide einfach alles andere.
Was ich allerdings wirklich kritisch sehe, ist die Entwicklung einiger Bauten direkt am Strand, was im Endeffekt ein direkter Eingriff in die Natur ist. Hierzu muss man beispielsweise einfach nur Surfer nach der Wellensituation am Berawa Beach nach dem Bau von „Finns Beach Club“ fragen. Oder auch die Besitzer vieler kleiner Warungs, die mit diesen ihren Lebensunterhalt bestritten hatten und nun für einen weiteren Beach-Club mit Mall(?!) Platz machen mussten.
Eine für die Wirtschaft positive Entwicklung sollte meiner Meinung nach immer in Einklang mit der Natur und auch immer als Mix mit der lokalen Kultur stattfinden.
Wer braucht z. B. bitte Ibiza-Flair à la Café del Mar, wenn er auf Bali ist?

Ich glaube, jeder sollte etwas an Bali „zurückgeben“, wenn man dort eine gute Zeit hatte. Was ist dein persönliches „give back to Bali“?
Diese Aussage kann ich absolut unterschreiben! Ich finde sogar, dass das schon regelmäßig währenddessen passieren sollte.
Für Touristen könnte das zum Beispiel heißen, dass sie in Erinnerung daran, dass hier nicht unendlich viel Wasser zur Verfügung steht, es auch nicht verschwenderisch nutzen – kein Mensch braucht einfach bei 30 Grad ein Bad.
Oder auch, dass man sich des Müllproblems bewusst ist und nicht so einkauft „wie daheim“, wo es wahrscheinlich eine funktionierende Müllentsorgung und ein ordentliches Recycling gibt.
Und dementsprechend natürlich auch darauf achtet, dass der eigene Müll nicht am Strand gelassen, sondern vielleicht sogar mit weiterem Müll bei einem Beach-Clean-up gesammelt wird.
Abgesehen von all diesen Dingen unterstütze ich auch ein lokales Kompostierungsprojekt (Urban Biologist), spende regelmäßig Kleidung, die ich nicht mehr trage, und bin auch immer mal wieder Patentante für Streunerhunde oder -katzen, bis sie ein Zuhause gefunden haben.
Gern will ich in Zukunft auch als Volonteer bei Projekten in der „Green School“ aushelfen, da ich deren Philosophie in jeder Hinsicht unterstütze und sogar die Inhalte als das entscheidende Wissen für die nächste Generation ansehe. Falls ich dann noch hier sein sollte, würden meine Kinder definitiv auch auf genau diese Schule gehen.
Ich unterstütze generell lieber kleinere Businesses, bei denen man noch das Gefühl hat, dass es nicht nur um Profit geht, sondern wirklich die Leidenschaft dahintersteckt. Und zwar egal ob von Locals oder von „Westlern“. Auf dem Foto weiter unten trage ich übrigens den Schmuck meiner besten Bali-Freundin Violetta. Sie stellt ihn mit der Hilfe einer Familie aus Ubud selbst her.

Danke für das inspirierende Gespräch, liebe Sandra. Wir wünschen dir ganz viel Erfolg und Leichtigkeit und weitere spannende Projekte für deine Zeit auf Bali.
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