Interview: Florian und seine Suche nach dem Wald

Florian, 22 Jahre jung, öko- sowie sozial-politisch interessiert, drehte 2011 die Dokumentation „Cari Utan“ [dt. die Suche nach dem Wald] in der er das Thema „Deforestation in Indonesia“ thematisiert.

Die Urwaldabholzung stellt ein gravierendes Problem in Indonesien dar. Gründe dafür sind z.B. der Anbau von Palmöl, das Betreiben von Goldminen oder der Anbau von anderen Monokulturen. Es spielen hier natürlich weitaus mehr Faktoren eine Rolle, auf die Florian in dem heutigen Interview eingehen wird.

Da mich das Thema persönlich sehr interessiert und ich denke, dass auch solche kritischen Themen in diesem Blog thematisiert werden sollten, habe ich Florian interviewt und seine Doku für Euch zur Verfügung gestellt (siehe unten). Er wird Euch heute nicht nur die Hintergründe seiner Doku erklären, sondern zusätzlich spannende Vergleiche zu den ökologisch-politischen Problemen in Deutschland ziehen.

Florian, wie kamst du dazu, nach Indonesien zu gehen und dort den „Wald zu suchen“?

Ich bin seit meiner frühen Jugend öko- / sozial-politisch sehr interessiert und engagiert. Gleichzeitig war Film für mich schon immer ein sehr geliebtes und gelebtes Hobby, meine ökologischen und sozialen Interessen spiegeln sich stets in den Inhalten der Filme wieder.

In Jakarta waren die Umweltprobleme schwer zu übersehen. Was Indonesien im Ganzen angeht, ist einer der schönsten Ressourcen des Landes der Wald.

Wald fasziniert mich und der Umgang mit dieser Ressource liegt mir am Herzen. Ich spielte seit kurz vor dem Abitur mit dem Gedanken Forstwirtschaft zu studieren, aber direkt nach der Schule ins Studium zu hüpfen, kam für mich nicht wirklich in Frage.

Außerdem hatte ich während dem Abitur in Jakarta überhaupt keine Zeit gehabt Filme zu drehen – das wollte ich nachholen und ein Thema das mich brennend interessierte war der Umgang mit Wald in Indonesien (Borneo um genauer zu sein).

Also zog ich los, mit Rucksack und Kamera, wie immer ohne konkreten Plan, geschweige denn Filmskript. Der Weg ist das Ziel. Eigentlich mache ich am liebsten Roadmovies – und auch „Cari Hutan“ sollte ein solcher werden, bloß mit einem sehr zielgerichtetem Fokus:

Wie steht es um den Wald in Kalimantan? Was führt zu dieser flächendeckenden Abholzung, was geschieht mit den gerodeten Flächen, in wie fern sind der Anbau von Palm Öl, Kohle Tagebauten und Edelmetallbergbau, demographischer Wandel, Armut auf lokaler Ebene und Gier von außen Ursachen und Teil dieser komplexen Problematik?

Alles Fragen die sich auf dieser spannenden Reise, auf der Suche nach Wald, ergaben und denen ich einfach der Nase nach gefolgt bin.

Dabei hat mir die Gastfreundschaft und Offenheit der Einheimischen sehr weitergeholfen, einen Einstieg in das Thema zu finden. Urwaldzerstörung ist wirklich ein Thema, das so ziemlich jeden Menschen in Kalimantan bewegt.

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Was sind die Ergebnisse deiner Dokumentation? 

Puuhh … dazu am besten einfach mal den Film ansehen, da erwartet euch eine geballte Flut an Informationen und lustigen Reisemomenten 🙂

Seit dem ich den Film fertiggestellt habe (Juni 2011) hat sich bei mir natürlich auch einiges getan. Ich studiere derzeit tatsächlich Forstwirtschaft in Eberswalde bei Berlin.

Ich sehe verblüffende Parallelen zwischen den Entwicklungen, die hier bei uns in Europa in den letzten Jahrhunderten stattgefunden haben und den Entwicklungen der letzten Jahrzehnte in Indonesien.

Die „Probleme“ die wir in Indonesien sehen, existieren auch bei uns in Deutschland, bloß dass sie durch einen höheren Entwicklungsstandard retuschiert sind.

In Deutschland gibt es so etwas wie Urwald gar nicht mehr. Vor 300 Jahren war die Nachfrage nach Weideland und Holz als Baustoff und Energieträger so hoch, dass Mitteleuropa großflächig komplett entwaldet war.

Die „Forstwirtschaft“, d.h. das planmäßige Anlegen von Wäldern, die der optimierten Holzproduktion dienen, ging damals ganz einfach aus einer extremen Holzknappheit hervor. Seitdem sind unsere „Wälder“ in Mitteleuropa einem starken wirtschaftlichen Zweck unterworfen. Was ist eigentlich Wald?

In manchen Statistiken bemerkte ich, dass manchmal sogar Palm Öl oder Eukalyptus Plantagen (für die Papierindustrie) in Indonesien als „Wald“ aufgeführt werden – das hat mich erstmal ziemlich aufgeregt.

Aber mittlerweile ist mir auch bewusst geworden, dass eine Kiefern- oder Fichten-Monokultur in Mitteleuropa ähnlich weit entfernt von dem potentiellen natürlichen Ökosystem ist, wie ein Eukalyptus-Reinbestand oder Palm Öl Plantage auf Kalimantan – auch wenn die Spannweite zwischen Palm Öl Plantage und primärem Regenwald um einiges extremer aussieht.

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Ähnlich ernüchternd war die Erkenntnis, dass weite Teile Deutschlands entwässert wurden um sie landwirtschaftlich nutzbar zu machen und zwar auf verblüffend ähnliche Weise, wie es derzeit in Kalimantan und Sumatra geschieht.

In Europa gab es auch vor langer Zeit Torfwälder. Zwar nicht in dem Ausmaß wie die Tropical Peat Forests in Süd Kalimantan, aber immerhin einige dicke Schichten von Biomasse, die sich unter dem Wald und in den Mooren ansammelten, da sie durch ihre Nässe nicht von Bakterien und Pilzen zersetzt werden konnten – so entsteht Torf, eine Ansammlung toter Biomasse, was, global betrachtet, eine immens wertvolle Kohlenstoffsenke darstellt.

Ein Freund von mir kommt aus Ost Friesland. Er kommt aus einem Dorf das mehrere Kilometer lang und nur eine Häuserzeile breit ist. Das liegt daran das früher arme landlose Bauern, genau wie heute in Süd Kalimantan, kilometerlange Entwässerungskanäle in die Torfwälder gelegt haben.

Damit sank der Grundwasserpegel, das Land und der Wald wurde trockengelegt und urbar gemacht. Entlang der Kanäle, später dann Straßen, entstanden die Dörfer. Allein in Brandenburg gibt es ca. 30.000 km Entwässerungskanäle!

Da fiel mir echt der Mund auf, als ich das in einer Vorlesung hörte und sofort kamen mir die Bilder aus dem Sebangau Nationalpark in Zentral Kalimantan vor Augen.

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Was waren deine magischen Momente während diesen Abenteuers?

Die Fahrten auf den Pickup-Ladeflächen im Hochland von Borneo waren schon echt der Hammer. Auf manchen Bergpässe hatte man Aussicht auf Wald, wie ich es zuvor noch nie gesehen hatte. Bis zum Horizont.

Und natürlich die Freundschaften, die ich in den Dörfern und beim Trampen jeden Tag schließen konnte.

Hast du schlechte Erfahrungen während deiner Zeit in Indonesien gemacht? Wenn ja, welche?

Schlechte Erfahrungen? Für mich hat so ziemlich jede Erfahrung ihr Positives.

Was hast du von der Zeit in Indonesien gelernt und mit nach Hause genommen?

Also nach den zwei Jahren Bonzen-Schule in Jakarta hab ich erstmal den Satz hier auf meine Abibuchseite drucken lassen: „Those locked in a golden cage tought me freedom

Ansonsten was die Tour auf Borneo angeht, sicherlich habe ich viel gelernt – vor allem aber gemerkt, dass ich noch vieles mehr lernen möchte. Über einen angemessenen Umgang mit Ökosystemen, ihre Potentiale erkennen, über alternative Lebensweisen mit Menschen und mit der Natur.

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Was sind deine zukünftigen Projekte?

Aijaijai, da muss ich wohl etwas weiter ausholen. Also, kurz nach dem ich 2011 mit dem Film „Cari Hutan“ fertig geworden bin, bin ich mit einem Kumpel auf eine Reise aufgebrochen, mit dem Fahrrad.

Wir wollten von Berlin nach Papua radeln um auf die Ausbreitung der Urwaldzerstörung in Indonesien nach Papua aufmerksam zu machen. Das lief auch bis Indien gar nicht schlecht, bis wir feststellen mussten, dass die Grenze zwischen Indien und Burma dicht ist.

Burma ist das einzige Land, das Indien und Süd Ost Asien verbindet, somit war uns die weiter Route versperrt. Ums kurz zu machen, hab ich dann den Plan Papua & Fahrradfahren erstmal an hintere Stelle gesetzt, da ich in erster Linie einfach nur wieder aus Indien rauskommen wollte, ohne fliegen zu müssen, bin dann über Tibet nach China und von dort, auf einigen unerwünschten Umwegen, zurück nach Europa gestolpert.

Darüber bin ich gerade auch dabei, einen Film zu machen. Da ich aber seit letztem Jahr studiere und erstmal auf die ganze Sache klar kommen musste, bin ich mit dem Schnitt des Filmes in den letzten 1 1/2 Jahren sehr schleppend vorangekommen.

Mittlerweile konnte ich, besonders in den letzten Wochen, wieder sehr gut in das Projekt eintauchen und würde sagen, dass „Saving Papua By Not Cycling There“ im Frühling 2014 Premiere feiern kann.

Danach will ich eventuell noch mal „Cari Hutan“ ein bisschen unters Skalpel nehmen (mit dem Ende bin ich manchmal nicht so zufrieden) – und dann hab ich mir überlegt, die Sache mit dem „Filmemachen“ vorerst an den Nagel zu hängen um mehr praktische Dinge zu lernen.

Danke für das Interview, Florian. Was möchtest du meinen Lesern noch mit auf den Weg geben?

Nehmt euch selbst ernst! Werdet euch über euren Einfluss auf diese Welt bewusst. Ihr habt jede Menge Handlungsspielräume.

Eine weitere inspirierende Doku von Florian ist über seine „Over land route“ von Jakarta nach Berlin mit einer Fülle an Hintergrundinformationen zu Land, Natur und dem Reisen als Backpacker:

Danke für deine Worte Florian!

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Comments

9 Antworten zu „Interview: Florian und seine Suche nach dem Wald“

  1. Avatar von Svenja Wandt
    Svenja Wandt

    Hey! Echt interessantes Interview! Ich liebe Indonesien sehr aber das sind genau die Fragen und Probleme, die meine Schwester und mich während unserer Reise durch Indonesien auch beschäftigt haben. Wir waren zwar garnicht auf Kalimantan, dafür aber auf Sumatra und da wird man damit ja auch konfrontiert. Den Film werde ich mir erstmal gleich anschauen. Bin sehr gespannt! 🙂

  2. Avatar von Beate
    Beate

    Tolles Interview. Es ist nicht alles paradiesisch in Indonesien. Schön, dass hier auch mal die, wie du es beschreibst, negativen Seiten Indonesiens beleuchtet werden! Weiter so.

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