Das Palmöl-Problem ist seit vielen Jahren bekannt. Es gibt kaum ein Produkt im Supermarkt, in dem es nicht enthalten ist. Dabei ist der Anbau von Ölpalmen schädlich – für die Umwelt, Menschen und Tiere. Spätestens die schweren Waldbrände im Jahr 2019 haben uns diese Problematik wieder in Erinnerung gerufen.
In diesem Artikel möchten wir auf den Anbau von Palmöl eingehen, welche Folgen es für Mensch und Umwelt hat, warum kein Palmöl auch keine Lösung ist, wie die aktuelle Situation in Indonesien aussieht und wie sich die Corona-Krise auf die Palmölwirtschaft ausgewirkt hat – und noch auswirken wird.

Palmöl – das am meisten konsumierte Pflanzenöl der Welt
Ob Schokolade, Eiscreme oder Chips – so gut wie jedes zweite Produkt im Supermarkt-Regal hat Palmöl auf seiner Inhaltsangabe stehen.
Dank seiner Geruchslosigkeit und cremigen Konsistenz findet es vor allem in der Herstellung von Back- und Süßwaren Anwendung. Der natürliche Konservierungseffekt sorgt für eine lange Haltbarkeit der Produkte.
Aufgrund seiner Hitze- und Oxidationsstabilität ist Palmöl für die Küche besonders gut geeignet und wird, besonders in heißen Regionen als Speiseöl, Margarine oder Brat- und Frittierfett verwendet.
Doch Lebensmittel sind nicht alles. Auch Kosmetikartikel wie Shampoo, Cremes, Lippenstift oder Make-up enthalten Palmöl.
Aufgrund der enthaltenen Laurinsäure gehört Palmöl zu den Laurinölen und wird außerdem in der Reinigungsindustrie, der Oleochemie, als Biokraftstoff und als Brennstoff in Blockheizkraftwerken verwendet.

Ölpalme – die ertragreichste Ölpflanze der Welt
Palmöl wird aus den Früchten der Ölpalme gewonnen, die wie die Kokosnuss zu den Palmgewächsen zählt. Es gibt zwei Arten der Gattung, doch nur eine von ihnen ist von wirtschaftlicher Bedeutung.
Die Ölpalme kommt ursprünglich aus den Regenwäldern Westafrikas und gelangte wahrscheinlich über Sklaventransporte nach Südamerika. Ihren Weg nach Asien fand sie als Zierpflanze in botanischen Gärten Anfang des 19. Jahrhunderts.
Erst mit der industriellen Aufbereitung des Öls wurde sie ab 1900 auf Großplantagen angebaut. Heute wird sie weltweit in den Tropen angepflanzt.

Wie sieht die Ölpalme aus?
Die Ölpalme kann bis zu 30 Meter hoch und bis zu 200 Jahre alt werden, wobei die Palmen für die Kultivierung auf Plantagen kleiner gezüchtet wurden.
Ölpalmen bilden bereits ab dem dritten Lebensjahr große Blütenstände, die jeweils 5 bis 10 cm lang sind und etwa 200 Seitenachsen, die sogenannten Ähren, besitzen. An einer Ähre befinden sich 700 bis 2.000 Blüten, die entweder männlich oder weiblich sind. Pro Blütenstand macht das rund 150.000 bis 400.000 Blüten.
Die ersten Früchte sind bereits sechs bis neun Monate nach der Bestäubung reif. Die Steinfrüchte sind drei bis sechs Zentimeter lang und zwei bis vier Zentimeter breit. An einem Fruchtstand können 800 bis 4.000 Früchte wachsen, die zusammen bis zu 50 Kilogramm wiegen können.
Das durch den hohen Carotingehalt orange-gefärbte Fruchtfleisch ist fasrig und enthält bis zu 50 Prozent Öl, das sich allerdings erst im letzten Reifemonat bildet und die harten Früchte weich werden lässt.

Wie wird das Öl gewonnen?
Geerntet wird, wenn der Ölgehalt am höchsten ist und sich die ersten Früchte aus dem Fruchtverband lösen.
Da die Früchte schnell verderben, müssen sie sofort nach der Ernte verarbeitet werden. In der Regel werden sie mit Wasserdampf behandelt und anschließend gequetscht, um sie von ihren Kernen zu trennen. Der Samen, der sich im Kern befindet, enthält bis zu 52 Prozent Öl und wird zu Palmkernöl verarbeitet.
Ölpalmen sind leicht zu pflegen und benötigen wenig Düngemittel. Ihr Ertrag ist hoch: pro Jahr können aus einem Hektar rund fünf Tonnen Palmöl hergestellt werden.
Palmöl ist im Anbau weitaus günstiger und benötigt für die Herstellung nur die Hälfte des Landes als andere Pflanzenöle wie Sonnenblumenöl, Rapsöl oder Sojaöl.
Palmöl benötigt nur die Hälfte des Landes als andere Pflanzenöle wie Sonnenblumenöl, Rapsöl oder Sojaöl.

Palmöl-Anbau – Schäden für Umwelt, Mensch und Tier
So ertragreich und einfach der Anbau von Ölpalmen auch ist, er zieht weitreichende und fatale Folgen mit sich.
1) Ökosystem
Um Ölpalmen ertragreich und gewinnbringend anzubauen, werden große Flächen von Land benötigt. Diese werden durch Abholzung und Brandrodungen von Regenwäldern sowie Entwässerungen von Torfwäldern gewonnen.
Dabei werden ganze Ökosystem dem Erdboden gleichgemacht. Jeder Baum, jede Pflanze und jedes Lebewesen, das in diesem System einen Platz und eine Funktion hat, werden zerstört. Was folgt, ist der alleinige Anbau von Ölpalmen.
Monokulturen sind biologisch tote Wüsten, da außer ein paar wenigen Spezies keine anderen mehr (über)leben können. Die gesamte Biodiversität wird beseitigt.
Die unaufhaltsame Zerstörung von Wäldern raubt vielen Tierarten, die vom Aussterben bedroht sind, ihren Lebensraum. Dazu gehören Elefanten, Nashörner, Tiger und Orang-Utans.
Orang-Utans verbringen den Großteil ihres Lebens auf Bäumen und sind auf ihre Wälder angewiesen. Auf Kalimantan wurde innerhalb der letzten 16 Jahre die Hälfte der Orang-Utan-Population ausgerottet. Alle drei Orang-Utan-Arten sind mittlerweile vom Aussterben bedroht.
2) Luftverschmutzung
Helena Varkkey erklärt in ihrem Buch The Haze Problem in Southeast Asia: Palm Oil and Patronage, warum Brandrodungen in der Palmölindustrie ein beliebtes Mittel zur Landgewinnung sind: mit 5 US-Dollar pro Hektar sind sie die billigste Methode im Vergleich zur mechanischen Rodung (im Schnitt etwa 200 US-Dollar pro Hektar) oder der Rodung mit Bulldozern (rund 380 US-Dollar). Palmölplantagen und ihre Subunternehmer sind für fast 80 Prozent der Waldbrände in der Region verantwortlich.
Eine Folge von Bränden ist die starke Luftverschmutzung. Da Waldbrände in der Regel nicht leicht zu löschen sind, stoßen sie unaufhörlich Rauch in die Luft. So viel, dass ganze Städte, Regionen und sogar Nachbarländer im Rauch verschwinden.
Dieser Rauch ist sowohl für Menschen als auch für Tiere gesundheitsschädlich. Er kann zu außergewöhnlich frühen Todesfällen, Atemwegserkrankungen und Herzerkrankungen führen.
Palmölplantagen und ihre Subunternehmer sind für fast 80 Prozent der Waldbrände in der Region verantwortlich.

3) Landerosion
Viele Teil der Palmölplantagen werden in der Nähe von Bergen oder an steilen Hängen angelegt. Die Abholzung der Bäume mit ihrem stabilen Wurzelgeflecht trägt zu einem Anstieg von Landerosion bei. Überschwemmungen und Schlammablagerungen in Flüssen und Häfen sind nur einige Folgen davon.

4) Boden- und Wasserverschmutzung
Pestizide, Düngemittel und Abwässer verseuchen Grundwasser und Boden. Auf die Herstellung von einer Tonne Öl kommt etwa 2,5 Tonnen flüssiger Abfall.
5) Klima
Unser Planet benötigt Wälder, da sie CO2 aufnehmen und Sauerstoff zum Atmen abgeben. Zusammen mit den Ozeanen unserer Erde sorgen sie dafür, dass unser Klima im Gleichgewicht bleibt.
Werden im Zuge des Palmölanbaus riesige Wälder zerstört, fehlen uns diese „CO2-Schlucker“. Außerdem setzt die Brandrodung eine zusätzliche Menge an CO2 frei, die ungehindert in die Atmosphäre aufsteigen kann.
Doch damit nicht genug. In ihrem Buch beschreibt Helena Varkkey, dass bis zu 90 Prozent der Brände für Palmölplantagen auf ehemaligen Torfwäldern stattfinden. In Indonesien befinden sich die größten Torwälder weltweit. Etwa 45 Prozent der 26,5 Millionen Hektar Torfwälder Indonesiens wurden zu jener Zeit bereits entwaldet oder trockengelegt.
Torfwälder bzw. Torfmoore spielen in unserem Ökosystem eine besondere Rolle. Es sind stockende tropische Feuchtwälder, auf denen sich eine dicke Schicht von saurem Torf gebildet hat. Diese kann teilweise über zwei Meter dick sein. Das Besondere: Torfwälder können bis zu 50 Mal mehr Kohlenstoff speichern als eine gleich große Fläche Regenwald auf einer anderen Bodenart. Somit tragen sie als „Kohlenstoffspeicher“ einen entscheidenden Beitrag zu unserem globalen Klima bei.
Sobald Torfwälder demnach trockengelegt werden, setzen diese enorme Mengen CO2 frei und können nicht mehr als Kohlenstoffspeicher dienen.
Bis zu 90 Prozent der Brände für Palmölplantagen finden auf Torfwäldern statt. Etwa 45 Prozent der Torfwälder Indonesiens wurden bereits entwaldet oder trockengelegt.
6) Lokale Bevölkerung
Regenwaldzerstörung trifft meist indigene Stämme und Völker, die seit Jahrhunderten darin leben und auf ihren Regenwald angewiesen sind.
Die Errichtung von Palmölplantagen kommt häufig mit Landstreitigkeiten, Menschenrechtsverletzungen, Gewalt gegen Bauern und Gemeinden, Vertreibung, Ernährungsunsicherheit und Armut einher.
In vielen Fällen werden fragwürdige Methoden angewandt, um Unterschriften von indigenen Stammesführern zu „ergaunern“, wie diese Dokumentation aus West Papua zeigt.
Eine Studie des Öko-Institut e.V. aus dem Jahr 2019 hat ergeben, dass der Palmölanbau für indigene Stämme und die lokale Bevölkerung selten Vorteile mit sich bringt.
Der Palmölanbau bringt nur selten Vorteile für die lokale Bevölkerung.

Die Palmölwirtschaft
Die Palmölindustrie ist fest in der Hand von Großkonzernen, die häufig mit der Politik Hand in Hand gehen. Malaysische und singapurische Unternehmen kontrollieren mit rund 50 Prozent einen beachtlichen Teil der indonesischen Palmölplantagen. Zwangsarbeit, Kinderarbeit, schlechte Arbeitsbedingungen und Diskriminierungen sind an der Tagesordnung.
Zertifiziertes Palmöl – alles Gold was glänzt?
Industrien, die sozial- und umweltschädigende Produkte produzieren und diese erfolgreich an Konsumenten verkaufen möchten, setzen vor allem auf eins: Zertifikate.
Auszeichnungen und Labels sollen dem Verbraucher ein gutes Gewissen vermitteln und sie auch beim nächsten Einkauf ordentlich zugreifen lassen. Genannt wird das Greenwashing, das „grün waschen“ schmutziger Kerngeschäfte und ihrer Unternehmen.
Die Palmölproduktion ist ein klassisches Beispiel dafür. Laut Kathrin Hartmann, Expertin für Greenwashing-Methoden, kann Palmölanbau nie nachhaltig sein. Dennoch gibt es auch für Palmöl Nachhaltigkeitszertifikate.
Das Bekannteste ist das RSPO (= Round Table on Sustainable Palm Oil). Es wurde im Jahr 2004 von WWF und Unilever, einer der größten Hersteller von Verbrauchsgütern, ins Leben gerufen. Der RSPO bietet Unternehmen der Palmölindustrie eine freiwillige Mitgliedschaft an. Ihr Ziel: die Einhaltung geltender Gesetze zu garantieren. Eigentlich banal, denn Gesetze sollten ohnehin weitestgehend eingehalten werden.
Dabei war es Mitgliedern bis Ende 2018 noch erlaubt, 20.000 Hektar Regenwald zu roden, wenn sie im Gegenzug 500 Hektar Wald schützten. Mittlerweile sind Rodungen verboten und der Einsatz von Pestiziden nur in Ausnahmefällen erlaubt. Ob und wer sich daran hält, ist eine andere Sache. Hinzu kommt, dass etwa nur 19 Prozent des weltweit hergestellten Palmöls die schwammigen Kriterien des RSPO erfüllen.
Wilmar International, Lieferant von Unilever, ist mit einem Anteil von 40 Prozent der größte Palmölhändler der Welt. Der Konzern ist immer wieder in Skandale verwickelt, bei denen Zehntausende von Hektar Regenwald zerstört werden. Auch die Makin Group (PT Matahari Kahuripan Indonesia), die wiederum an Wilmar und Unilever liefert, macht Werbung für 100 % Nachhaltigkeit. Obwohl sie ebenfalls an der illegalen Zerstörung mehrerer Tausend Hektar beteiligt ist (siehe Doku „Die grüne Lüge“).
Eine Studie belegt, dass rund 75 % der vom RSPO als nachhaltig zertifizierten Palmölplantagen in Indonesien und Malaysisch-Borneo erst in den letzten 30 Jahren entwaldet wurden. Zuvor waren die tropischen Regenwälder wichtige Lebensräume großer Säugetiere. Die RSPO zertifizierte die Gebiete in den späten 2000ern und lässt ihr eigenes Label damit bedeutungslos erscheinen. Mehr dazu.
Leider ist auch der WWF nicht gerade für seine Liebe zum Umweltschutz, sondern eher für seine Nähe zu Industrie, Spendengeldern und Greenwashing bekannt.
Natürlich ist ein kleiner Schritt in die richtige Richtung besser als keiner. Noch besser als bedeutungslose Greenwashing-Zertifikate sind allerdings Labels wie organic, fair oder deforestation-free.
Palmölindustrie in Indonesien – ein wesentlicher Bestandteil der Wirtschaft
Die Palmölindustrie ist und bleibt ein wesentlicher Bestandteil der indonesischen Wirtschaft. Nicht zuletzt dank der ausgezeichneten Produkteigenschaften des Öls und einer stetig steigenden Nachfrage.
Indonesien ist mit Abstand der weltweit größte Produzent und Verbraucher von Palmöl. Mit einem Marktanteil von über 50 Prozent wurden im Jahr 2020 fast 50 Millionen gigantische Tonnen produziert.
Im Vorjahr wurden nur rund 8 Millionen Tonnen der Gesamtproduktion als nachhaltig zertifiziert – ein Tropfen auf den heißen Stein.

Indonesien ist außerdem Exportweltmeister. Allein im Jahr 2016 wurden fast 73 Prozent der Gesamtproduktion exportiert. China, Indien und die EU sind dabei die wichtigsten Importeure.
Neben Kohle ist Palmöl das zweitwichtigste Exportgut des Landes.
Im Jahr 2019 nahmen Palmölplantagen insgesamt eine Fläche von fast 15 Millionen Hektar ein, mit steigendem Trend. Palmölplantagen sind in große staatliche und private Plantagen aufgeteilt sowie Plantagen von Kleinbauern. Zu den größten Palmölherstellern in Indonesien gehören die PT Astra Agro Lestari Terbuka, Wilmar, Cargill und die Musim Mas Group.
Palmöl-Lobbyisten heben vor allem die Wichtigkeit des Palmölsektors für die indonesische Wirtschaft hervor. Etwa 50 Millionen Menschen hängen direkt oder indirekt vom Palmöl und seinen Derivaten ab. Laut indonesischem Palmölverband (GAPKI) schafft die Industrie etwa 16 Millionen Arbeitsplätze. Vor allem für Kleinbauern seien Ölpalmen eine begehrenswerte Plantage.
Greenpeace zufolge sind es jedoch meist große Plantageunternehmen und vor allem die Reichen, die wirtschaftliche Vorteile aus der Industrie ziehen können. Initiativen für Kleinbauern, wie die Exportabgabe der indonesischen Regierung, seien fehlgeleitet und spielen lediglich den „Big Playern“ der Branche in die Hände.
Nicht selten werden dabei Politiker unter Druck gesetzt oder stecken selbst mit drin. Trotz gutgemeinter Richtlinien und Gesetzen fehlt es an Durchsetzung, Unterstützung und Überwachung der Beteiligten.
Laut indonesischem Palmölverband (GAPKI) schafft die Palmölindustrie etwa 16 Millionen Arbeitsplätze.
Papua – im Fadenkreuz der Palmindustrie
Nachdem viele Regionen auf Sumatra und Kalimantan bereits abgeholzt sind, macht sich in Indonesien ein bedenklicher Trend bemerkbar. Langsam, aber sicher schwappt die Welle der Entwaldung gen Osten, wo sich noch viele Gebiete mit unberührtem Regenwald befinden.

Papua ist eine der letzten Regionen mit ursprünglichen Regenwäldern, die zu den artenreichsten der Erde gehören. Sie beherbergen mindestens 20.000 Pflanzenarten, über 600 Vogelarten, mehr als 100 verschiedene Säugetiere und über 200 Reptilienarten.
Die Provinzen West Papua und Papua, im Folgenden als Papua zusammengefasst, beheimaten zusammen mehr als ein Drittel der intakten Regenwälder Indonesiens. Sie sind bereits stark durch die industrielle Landwirtschaft, den Bergbau und die Holzwirtschaft bedroht.
Die Großkonzerne der Palmölindustrie haben es auf die Region im Osten abgesehen. Seit 2000 hat die Regierung für insgesamt 37 Plantagen fast eine Million Hektar Waldfläche freigegeben – 30 davon für Palmöl.
Die Öffnung der Wälder Papuas ist das krasse Gegenteil von dem „offiziellen“ landesweiten Rückgang der Entwaldungsraten im Land.
Einem Bericht von Greenpeace zufolge wurde diese Fläche vor allem durch systematische Verstöße gegen Genehmigungsvorschriften freigegeben – kurz: durch Korruption.

Abholzung indonesischer Wälder – ist Palmöl alles?
Palmölplantagen sind nicht das einzige, was indonesische Wälder bedroht. Der Zellstoff- und Papiersektor, die Holzindustrie sowie der Bergbau (u. a. Nickel, Kohle, Gold und Zinn) tragen einen weiteren erheblichen Teil dazu bei.
Zertifizierungen wie der FSC (Forest Stewardship Council), der für einen umweltbewussten und verantwortungsvollen Umgang mit Wäldern steht, hat in manchen Fällen ebenfalls keine besondere Bedeutung.
Forest Watch Indonesia berichtet, dass Indonesien innerhalb von 75 Jahren Unabhängigkeit mehr als 23 Millionen Hektar Wald verloren hat – eine Fläche mehr als 75 Mal so groß wie die Provinz Yogyakarta.
Auch spricht die Organisation in ihrem Report von verschiedenen Definitionen von „Wald“ und „Entwaldung“, die von staatlichen Institutionen und NGO‘s verwendet werden. Diese sorgen für unterschiedliche Entwaldungsraten, die wiederum als politisches Instrument von Parteien verwendet werden und den tatsächlichen Verlust verschleiern.

Aktuelle Entwicklungen
Der Kampf gegen die Zerstörung der Regenwälder Indonesiens geht weiter. Die Waldschutzpolitik der Regierung ist unzureichend und ermöglich zahlreichen Palmölunternehmen weiterhin ihre Lizenzen.
Die jährliche Feuer-Saison in Indonesien hat bereits begonnen, mit Bränden, die auf ein Ausmaß wie im Jahr 2019 hindeuten. Auch wenn das Corona-Jahr den Wachstumskurs der Palmölindustrie ausgebremst hat, gab es alarmierende Entwicklungen im Land.
1) Biodiesel-Programm
Seit 2015 subventioniert die Regierung Biodiesel auf Palmölbasis. Geplant ist, die Produktion und den Verbrauch von konventionellem Diesel komplett einzustellen. Geschätzt werden für den „grünen Diesel“ weitere 15 Millionen Hektar Palmölplantagen benötigt.
2) Omnibus-Law
Im Oktober 2020 wurde das umstrittene Omnibus-Law verabschiedet, das Arbeitsplätze schaffen und die Verwaltung menschlicher und natürlicher Ressourcen deregulieren soll. Der Verabschiedung des Gesetzes folgte viel Kritik, u. a. von Umweltschutzaktivisten. Plantagenbetreiber, die illegal operieren, sollen zukünftig eine dreijährige Frist erhalten, um ihre Genehmigungen einzuholen. Außerdem erhalten sie Verwaltungsstrafen statt eine strafrechtliche Verfolgung. Während dieser Zeit dürfen sie ihre Operationen weiterführen. Dies ermöglicht den Unternehmen ein Weißwaschen illegaler Aktivitäten.
3) Tanah Merah Projekt
Das Tanah Merah Projekt ist das weltweit größte Plantagenprojekt. Es betrifft rund 280.000 Hektar Primärwald. Das Projekt sah sich bereits mit einer Reihe von Vorwürfen konfrontiert: die Vertreibung indigener Völker, gefälschte Genehmigungen sowie gefälschte Identitäten der Investoren. Trotz der Kontroversen hat die Rodung von 8.300 Hektar Regenwald bereits begonnen.
4) Korindo Skandal
Korindo, ein Palmölunternehmen, das u.a. mit illegalen Brandrodungen in Papua in Verbindung gebracht wird, hat zum Erwerb von Lizenzen sogenanntes „Beratungshonorar“ (= Bestechungsgeld) an einen Regierungsbeamten gezahlt. Außerdem sollen sie für Menschenrechtsverletzungen und Todesfälle in der papuanischen Bevölkerung mitverantwortlich sein.
5) Food Estate Programm
Um der potenziellen Nahrungsmittelknappheit durch die Corona-Krise entgegenzuwirken, wurden bestimmte Gebiete in Zentral-Kalimantan (inklusive geschützte Torfwälder) für den Reisanbau und den Anbau anderer Grundnahrungsmittel freigegeben.

Abfälle der Palmölindustrie
Für den Herstellungsprozess von Palmöl wird sogenannte Bleicherde verwendet. Diese entfernt Gerüche und verfeinert die Klarheit des Öls. Nach dem Raffinationsprozess bleibt in der verbrauchten Bleicherde ein Anteil von Restöl übrig, der sorgfältig entsorgt werden muss. Seit 2014 gilt dieser Abfall als gefährlich.
Im Februar 2021 wurde beschlossen, Abfallprodukte mit einem Anteil von unter 3 % als bedenkenlos einzustufen. Unzureichende Kontrollen und eine schlechte Überwachung können dazu führen, dass Abfallprodukte mit einem höheren Anteil nicht ordnungsgemäß entsorgt werden.

Spannungen zwischen EU und Indonesien
Im Jahr 2017 verabschiedete das Europäische Parlament eine Resolution, die Kraftstoff auf Palmölbasis nicht mehr als erneuerbaren Kraftstoff, sondern als Biokraftstoff einstuft. Außerdem sollen Biokraftstoffe auf Palmölbasis innerhalb der EU bis 2030 auslaufen. Die Entscheidungen wurden von Malaysia und Indonesien scharf kritisiert.
Obwohl sich aufgrund steigender Kritik viele Palmölunternehmen zu mehr Nachhaltigkeit verpflichtet haben – teilweise bis Ende 2020 –, haben die größten Palmölunternehmen keine nennenswerten Fortschritte gemacht. Zu diesem Ergebnis kam die jährliche Bewertung der Zoological Society of London (ZSL).
Arbeiterausbeutung, Brandrodungen und die Zerstörung von wertvollen Torfwäldern stehen weiterhin an der Tagesordnung.
Dabei könnte ausgerechnet Indonesien einen erheblichen Beitrag zur Eindämmung des Klimawandels leisten, indem es Torfwälder schützt und ihre gigantischen Waldbrände unter Kontrolle bringt. Es wirkt fast wie eine Farce, wenn Jokowi davon spricht, dass Indonesien in Sachen Klimawandel mit gutem Beispiel vorangeht.
Die Entwicklungen in Papua machen es für Indonesien fast unmöglich, die im Pariser Übereinkommen festgesetzten Ziele zu erreichen.
Arbeiterausbeutung, Brandrodungen und die Zerstörung von Torfwäldern stehen weiterhin an der Tagesordnung.
Welche Rolle spielt die Corona-Krise dabei?
Global Forest Review zufolge wurden im Jahr 2020 weltweit über 12 Millionen Hektar Regenwald zerstört, mit einer Zunahme von 12 % zum Vorjahr. Der Verlust der Wälder ist mit dem CO2-Ausstoß von 570 Millionen Autos gleichzusetzen.
Auch wenn die Daten nicht eindeutig mit der Corona-Krise in Verbindung gebracht werden können, gab es zahlreiche Berichte über zunehmende illegale Ernten in geschützten Gebieten. Einige von ihnen waren für die Öffentlichkeit geschlossen und die Aktivitäten von Rangern eingeschränkt.
Wie sich andere Corona-bedingte Trends wie die Rückkehr in ländliche Gebiete oder Unterbrechungen von Lieferketten auf die Wälder auswirken werden, ist noch unklar. Der Aufbau der Wirtschaft nach Corona kann ebenfalls eine Schwächung des Umweltschutzes mit sich ziehen – je nachdem, ob Länder die Gelegenheit nutzen, ihre Wälder zu schützen oder sie für den wirtschaftlichen Wiederaufbau abholzen.
Der Aufbau der Wirtschaft nach Corona kann eine Schwächung des Umweltschutzes mit sich ziehen.

Fazit: Wie David gegen Goliath
Zahlreiche unterstützenswerte Organisationen (Greenpeace Indonesia, Forest Watch Indonesia, EcoNusa, The Gecko Project, Mongabay, Robin Wood u. v. m.) engagieren sich für unsere Regenwälder. Dennoch wirkt es manchmal wie der Kampf von David gegen Goliath.
Solange Geld die Welt regiert, wird es mit Sicherheit ein langer Weg sein. Doch ein Bewusstsein für das Problem zu schaffen, ist bereits ein erster Schritt in die richtige Richtung.
Die Palmölindustrie braucht mehr als einen Boykott. Sie braucht ein komplettes Umdenken, eine Reform, die alle Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette mit einbezieht.
Denn was wären die Alternativen? Andere Pflanzenöle, die im Anbau mehr Land benötigen und weitere Wälder in Gefahr bringen?
Eine einwandfreie Lösung für das Palmölproblem gibt es (noch) nicht.
Dennoch – statt im Supermarkt gedankenverloren zu den üblichen Produkten zu greifen, sollte jeder einen prüfenden Blick aufs Label werfen. Gibt es alternative Produkte ohne Palmöl (Beispiele findest du auf Utopia)? Oder Produkte, die bio, fair und deforestation-free produziert wurden? Zum Analysieren deiner Lieblingsprodukte kannst du beispielsweise Apps wie Codecheck nutzen.
Wenn ja, unterstütze sie und ihre Unternehmen. Denn letztendlich haben wir als Verbraucher die Macht, uns Tag für Tag mit unseren Kaufentscheidungen für mehr Nachhaltigkeit und Transparenz einzusetzen.
Was denkst du über die Palmöl-Problematik? Verzichtest du auf Produkte, die Palmöl enthalten? Teile uns gern deine Gedanken in den Kommentaren mit.

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Über die Autorin:
Gunda kommt aus der Tauch- und Tourismusbranche und war einige Jahre in Südostasien unterwegs, bevor sie ihr Herz an Indonesien verlor. Hier fand sie nicht nur ihre neue Heimat, sondern auch ihre große Liebe. Nach der Leitung eines Tauchresorts in Raja Ampat, entstand die Idee zu ihrer Webseite. Mittlerweile lebt sie als freie Autorin und Podcasterin mit ihrem Mann Hartono auf Morotai, wo die beiden sich eine kleine Selbstversorger-Farm aufbauen. Auf ihrem Instagram-Kanal kannst du ihnen dabei folgen. Mehr von dieser Autorin lesen.
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