Ein Gastbeitrag von Simone
Im August 2015 reisen mein Freund Tobi und ich durch Indonesien. Wir fliegen von München über Dubai nach Jakarta und weiter nach Lombok. Nach ein paar entspannten Tagen in Kuta Lombok entscheiden wir, auf die kleine Insel Gili Air zu fahren und eventuell im Anschluss irgendwie nach Flores zu kommen, weil wir unbedingt das andere Indonesien kennen lernen wollten, abseits des Tourismus.
Als wir in der Nähe des Hafens vor den Gilis auf unser Boot warten, lernen wir den Chef der Bootstrips nach Flores und zu den Gilis kennen und erzählen ihm, dass wir gerne nach Flores fahren würden und uns über den Bootstrip erkundigen wollen. Uns ist von Anfang an klar, auf was wir uns einlassen, da wir viele Reiseberichte gelesen haben und wissen,
dass es entweder echt super werden würde, oder ein Albtraum…
Auch auf Indojunkie gab es bereits einen Bericht über den Bootstrip: Mit dem Boot von Lombok nach Flores
Warten bis es endlich los geht
Nachdem wir von einem Schnellboot von den Gilis abgeholt wurden und zu einem Hostel nahe des Hafens gebracht wurden, warten wir erst einmal den halben Tag auf den Beginn des Trips. Wir sitzen im Hostel und lernen alle anderen Teilnehmer kennen, von jung bis alt ist alles dabei.
Wie sich herausstellt, haben Tobi und ich ein Boot mit 19 anderen jungen Backpackern in unserem Alter. Nachdem die Backpacks im Laderaum im unteren Teil des Boots verstaut waren, tuckern wir auch schon los und können unser Bett beziehen.
Das Bettenlager ist im oberen Teil des Boots und sehr eng. Darüber ist nur eine Plastikplane gespannt. Ich bin sehr froh, dass wir alle Backpacker sind und keine Kleinkinder an Bord haben.
Schon bald kommt jeder in Badeklamotten zum Bug, wo genug Platz für fast alle ist. Der Bug wird schnell zum Hauptaufenthaltsbereich. Wir genießen den Ausblick zum Vulkan Gunung Rinjani und der Küste Lomboks.
Wir lernen uns gegenseitig kennen – Holländer, Iren, Engländer, Belgier, eine Australierin, eine Schweizerin und eine Deutsche. Der erste Stop ist eine kleine Insel auf der wir durch einen Dschungel wandern, um zu einem Wasserfall zu kommen.
Dort kann man zum oberen Teil des Wasserfalls klettern und in eine tiefe Stelle von einem Baum aus hinein springen. Danach geht es mit dem Boot weiter Richtung Sonnenuntergang und dem ersten Essen an Bord.

Kraut mit Reis, Reis mit Kraut, Reiskraut, Krautreis
Das Essen ist sehr, seeehr einfach gestaltet. Es gibt jeden Tag morgens Toast mit Marmelade. Zum Mittag vor allem Reis mit Kraut und einer Beilage, meistens Tempeh*. Zum Abend gibt es wieder Reis mit Kraut und als Beilage, Tempeh, einmal gab es Fisch. Dazu gibt es zum Glück immer Ananas. Nach vier Tagen kann man keinen Reis mehr sehen.
Zum Trinken gibt es schlechtes Wasser, das nach Plastik schmeckt und das indonesische Bier Bintang. Jeder bekommt so viel Bintang wie er vor Abreise bestellt oder mitgenommen hat.
*Tempeh ist ein typisch indonesisches Essen, das aus Sojabohnen hergestellt wird.
Wellengang und kaum Schlaf – aber eigentlich ganz harmlos
Nach dem Sonnenuntergang und ein paar Bintang geht jeder ins Bett und schläft ein. Ich kann bei diesem Gewackel aber nicht schlafen und muss immer durch die kleinen Ritzen in der blauen Plane schauen um zu wissen, wie hoch die Wellen sind.
Irgendwann gehe ich nach unten und setze mich an den Bug, wobei ich merke, dass der Himmel trotz Vollmond sternenklar ist. Ein Engländer kann auch nicht schlafen und wir quatschen die halbe Nacht über Gott und die Welt, bis uns die Augen zufallen und wir freiwillig ins Bett gingen
– natürlich nur mit Oropax, weil der Motorenlärm extrem laut ist, die ganze Zeit, vier Tage lang, fast ununterbrochen.

Welcome to paradise
Es ist unglaublich. Nicht einmal im Great Barrier Reef hatte ich eine solche Farbenpracht und Vielfalt an Fischen gesehen. Das Korallenriff an der Insel Satonda ist sehr intakt. Man kann hier nicht mehr aufhören zu schnorcheln.
Danach gehen wir an Land und begutachten den Süßwassersee in der Mitte der Insel. Nach dem Schnorcheln ist dieser aber unserer Meinung nach nur noch „whelming“ statt „overwhelming“, wenn nicht sogar „underwhelming“. Wieder an Bord geht es weiter zur nächsten Insel und dem nächsten Schnorchelspot.
Die Ruhe vor dem Sturm
Wir ankern in der Nähe der Küste, vor uns der offene Ozean mit einer bevorstehenden Nachtüberquerung, die 16 Stunden dauern sollte. Uns war klar, dass wir nicht viel schlafen werden, weil der Motor so laut ist. Aber der Motor sollte zu unserer geringsten Sorge werden.
Die Crew kocht gerade und das Essen sollte erst beginnen, wenn wir unterwegs sind.
Als wir los fahren, kommt unser Hauptguide (der einzige der Crew, der Englisch konnte) zu uns und deutet auf den Ozean vor uns und sagt
„very unfriendly the sea today“.
Wir wussten nicht was wir sagen sollen, da er gerne Witze reißt und vieles nicht ernst meint, aber in seiner Stimme liegt etwas Beunruhigendes.
Don’t forget your life
Sobald wir auf See sind, wissen wir, es wird ernst. Die Wellen kommen von vorne, von der Seite, mal abwechselnd, mal auf einmal. Schnell verziehen wir uns von unserem geliebten Platz am Bug in den hinteren Teil des Boots.
Da aber die Wellen bis zur Mitte des Boots schlagen, müssen wir uns in das Bettenlager verziehen, wo aber nicht an Sitzen zu denken ist sondern mehr an Hin- und Herrollen und Umfallen.
Es gibt Essen. Ein paar gehen sofort zum hinteren Teil des Boots um sich ihren Anteil abzuholen, das aber sofort wieder als Fischfutter endet. An Essen war nicht zu denken. Es ist zudem dunkel geworden. Die Sonne ist hinter dem Horizont verschwunden und wir sehen nur in weiter Ferne die Insel Sumbawa, die sehr unbewohnt zu sein scheint.
Es ist ungefähr 21.00 Uhr und vor uns liegt eine ganze Nacht auf hoher See, ohne Schlaf und mit viel Hoffen, dass alles gut geht.
Von 21 Leuten werden drei NICHT seekrank – mich eingeschlossen. Alle sind ins Bettenlager gegangen oder in den hinteren Teil der Nussschale. Zwei Holländer und ich stehen vor der Führerkabine und schauen geradeaus aufs Meer hinaus. Die Wellen peitschen gegen das Boot, alles ist platschnass.
Immer wieder kommt eine große Welle und schlägt bis vor unsere Füße auf das Boot. Wir blicken geradeaus und abwechselnd sehen wir nur den sternenklaren Himmel und den bedrohlichen schwarzen Ozean vor uns. Die Welle kommt, wir fahren hinab, sehen nur schwarzen Ozean, fahren über die Welle, sehen nur den Himmel, fahren hinter der Welle wieder hinab, sehen nur schwarzen Ozean.
Dann peitscht eine Welle von links an das Boot und bringt es komplett aus dem Gleichgewicht, wir können uns fast nicht mehr auf den Beinen halten und greifen uns gegenseitig an den Armen, um nicht umzufallen.
Tobi sitzt währenddessen hinter mir und fixiert die Sterne. Ich frage ihn, ob alles passt. Er antwortet nicht. Ich merke, dass gar nichts passt und auch er wirklich Angst hat. Jeder auf dem Boot hat Todesangst. Es ist still, keiner redet, in der Führerkabine sieht man nur das fortwehe Glimmen der Zigaretten des Bootsführers.
Nur wenn eine große Welle das Schiff auseinander zu brechen droht, man ein Knacken hört und eine Welle sich über das Boot ergießt, schreien alle auf. Ich stehe direkt an der Seite des Boots, neben mir eine große Öffnung.
In Gedanken gehe ich die ganze Nacht den Ablauf durch, wenn das Boot kentern würde. Tobi und ich springen mit Rettungswesten durch die Öffnung neben uns ins Wasser, lassen alles hinter uns. Was ist, wenn wir es nicht schaffen würden? Uns könnte es egal sein, aber was ist mit unseren Familien? Wie würden sie es erfahren? WANN würden sie es erfahren?
Zum Glück kommt es nicht so weit. Stunde für Stunde vergeht, ich stehe noch immer an der Leiter, schlafe immer wieder ein, nur um von der nächsten Welle wieder wach gerüttelt zu werden und schlafe wieder ein. Irgendwann um fünf Uhr morgens ist jeder zu müde um sich Sorgen zu machen und wir gehen ins Bett, nur um von einer Seite auf die andere zu rollen.
I’m alive
Als am nächsten Morgen der Motor verstummt, wachen wir aus unserem Halbschlaf auf. Ich schaue durch die blaue Plane und sehe einen Strand direkt vor mir. Alle springen auf und laufen nach unten, ein paar ziehen sich noch kurz den Bikini an und dann springen wir gemeinsam ins Meer und schwimmen euphorisch zum Strand.
Wir setzen oder legen uns auf den Sand und ich blicke in den wolkenlosen blauen Himmel. Ich bin überglücklich und atme tief durch.
Auf dem Weg nach Komodo

Unser nächstes Ziel ist eine einsame hügelige Insel. Der Aufstieg ist furchtbar anstrengend wegen des gestörten Gleichgewichtsinns von letzter Nacht, aber der Ausblick ist gewaltig. Von oben sieht man nur unser Boot und sonst ist weit und breit nichts zu erkennen. Es ist wunderschön.
Als nächstes fahren wir zum Manta Point wo man, wie der Name schon sagt, Manta Rochen sehen kann. Es ist wie im Paradies, rings herum kleine grüne Inseln und zwischen den anderen Ausflugsbooten ein paar weiße Sandbänke. Wir haben auch noch Glück und sehen ein paar Mantas, nachdem einer der Crew immer „Manta! Manta! Manta!“ geschrien hat.
Mit diesem guten Gefühl geht es weiter Richtung Komodo Nationalpark, diesen erreichen wir zum Sonnenuntergang und werden noch dazu bei der Einfahrt in die Bucht von Delfinen begleitet. Hier ist nun unser Ankerplatz für die Nacht. Die erste Nacht ohne Motorenlärm. Wir essen und lachen und trinken mit der Crew Reiswein und Bintang. Es ist ein ausgelassener Abend.

Am nächsten Morgen erwachen wir mit den ersten Sonnenstrahlen über der Insel Komodo. Es geht los, auf zu den „Drachen“. Leider stellt sich heraus, dass die gehypten Komodo Warane nur „underwhelming“ sind. Zum Glück hatten wir diesen Trip als Transport nach Flores gewählt und nicht – wie viele andere – um diese Tiere zu sehen.
Weiter geht es über den bekannten Pink Beach zur Insel Rinca, auf der auch noch Warane leben. Dort ist es so heiß und sieht sehr Jurassic Park-like aus. Wir wandern mit den Guides auf einen Hügel, von wo aus man einen wunderschönen Ausblick hat und sind aber froh, als wir wieder in den Schatten kommen. Nun sind es noch ein paar Stunden bis Labuan Bajo.
Endlich!
Als wir in den Hafen von Labuan Bajo einlaufen, können wir es kaum erwarten, vom Schiff zu springen. Einer nach dem anderen wirft den Backpack an den Steg und springt vom Boot. Eine kurze Verabschiedung von der Crew und weg sind wir. Endlich geschafft. Lebend auf Flores.
Für den Abend haben wir alle eine große Tafel im „Made in Italy“ reserviert, wo wir feiern, überlebt zu haben und auch feiern, eine tolle Zeit mit solch tollen Menschen verbracht zu haben. Wir wissen, dass uns dieses Erlebnis zusammen geschweißt hat. Übrigens wenn man tagelang nur Reis mit Kraut isst, darf man auch mal eine Pizza in Indonesien essen.
Nach ein paar Tagen in Labuan Bajo fahren wir weiter über Ruteng, Bajawa und Moni bis nach Maumere und fliegen weiter nach Bali. Nach einer Woche geht es zurück nach Jakarta und von dort nach Hause.
Fazit: Mit dem Boot von Lombok nach Flores
So schön die Erlebnisse am Tag waren, so furchtbar waren die Nächte. Wir hätten in dieser zweiten Nacht tatsächlich kentern können und wären dem Meer ausgesetzt gewesen und hätten vielleicht nicht überlebt.
Die Ausstattung an Bord ist – wie erwartet – spartanisch. Die Betten bestehen aus einer dünnen Matte mit kleinem Kissen und einer leichten Decke. Uns wurde versichert, dass auf dem Boot eine Dusche und ein WC ist. Nope.
Es gibt ein Loch im Boden. Wir haben vier Tage nicht geduscht und waren voller Salz. Das Essen ist dir irgendwann egal, weil du Hunger hast. Aber Reis mit Kraut ist einfach Reis mit Kraut.
Wir wissen bis heute nicht, ob ein Funkgerät auf dem Boot gewesen wäre. Wir bezweifeln es. Es gab ein kleines Beiboot aus Holz und ein kleines Rettungsboot. Es hätte nie für alle gereicht. Die Rettungswesten waren über dem Essensbereich, aber wir bezweifeln, dass sie richtig funktioniert hätten.
Nach der zweiten Nacht waren die meisten der Backpacks, die neben dem Motor im unteren Teil gelagert waren, platschnass und rochen nach Diesel, inklusive der Kleidung.
Wir würden diesen Trip nie wieder machen.
Keiner von uns 21 jungen, abenteuerlustigen Backpackern. Wir machen noch heute sarkastische Witze darüber, wie die Firma hieß, etwa Cast Away Ltd. oder Leaky Barge Inc.
Fliegt lieber mit dem Flugzeug nach Flores oder zur Not, nehmt den Bus über Sumbawa. Das Leben ist viel zu schön. Nach unserer Reise wurden wir auf einen Bericht aufmerksam, der leider anders endet:
Tipp: Günstige Flüge von Lombok nach Flores gibt es u.a. bei der empfehlenswerten indonesischen Flugvergleichsseite tiket.com. Du kannst deine Flüge online buchen und die Rechnung entweder via Kreditkarte oder vor Ort in einem indonesischen Supermarkt begleichen.
Umfrage: Welcher ist der beste Anbieter für die Bootstour von Lombok nach Flores?
Es gibt viele Anbieter, die die Tour von Lombok nach Flores via Boot anbieten. Bei einer Umfrage in der Indojunkie Community wurden die besten Erfahrungen mit dem Anbieter „Perama Tours“ gemacht.
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Text und Fotos: Simone
Über die Autorin: Mein Name ist Simone, ich komme aus einem beschaulichen Dorf im Bayerischen Wald, habe zwei Jahre in Innsbruck gelebt, wohne jetzt in der Nähe von München und arbeite in einer Reiseagentur. Seit einer längeren Reise durch Australien bin ich leidenschaftliche Backpackerin und mein Backpack ist seitdem meine zweite Heimat. Mein persönliches Reisemotto lautet: „Nimm was du kriegen kannst und gib nichts wieder zurück, hör aber auf, wenns am schönsten ist.“
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