Ein Beitrag von Jens Dragunski
Im Sebangau Nationalpark lässt sich Natur hautnah, untouristisch und im Einklang mit der Natur erleben. Erfahre hier mehr über dieses unbekannte Ziel.
Borneo war ursprünglich komplett von Regenwald bedeckt. Dies ist heute leider nicht mehr der Fall und die Entwaldung schreitet weiter voran. Negative Schlagzeilen machen aktuell immer wieder mal Palmölplantagen, doch auch die (illegale) Forstwirtschaft und Goldminen tragen ihren Teil dazu bei, dass die einmalige Natur Borneos zunehmend zerstört wird. Zum Glück gibt es allerdings auch positive Beispiele, bei denen der Zerstörung Einhalt geboten wird und Projekte zur Renaturierung umgesetzt werden.
Der Sebangau Nationalpark: Vorzeigeprojekt für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur
Eines dieser Beispiele ist der Sebangau Nationalpark in Zentral-Kalimantan, welcher eine besonders seltene Regenwaldform aufweist, den Torfmoorwald. Dieses Gebiet wird erst seit relativ kurzer Zeit (2004) geschützt. Früher wurden weite Rodungsschneisen und -kanäle in den Regenwald getrieben, während der östliche Teil dem Mega-Reis-Projekt ab den 1990ern zum Opfer fiel.
Aus klimatischer Sicht sind Torfmoorwälder besonders schützenswert, da eine große Menge an Kohlenstoff in ihnen gebunden wird. Durch den Bau von Kanälen und der Rodung von Bäumen wurde das Ökosystem Torfmoorwald akut gefährdet, da die bis zu 12 Meter dicke Torfschicht auszutrocknen drohte.

Erfreulicherweise setzten sich viele Akteure dafür ein, dieses Gebiet zu erhalten und den bereits entstandenen Schaden rückgängig zu machen. Federführend ist heute der WWF. Finanzielle Unterstützung kommt unter anderem von namhaften deutschen Unternehmen.
Die künstlich angelegten Kanäle werden durch Dämme unterbrochen, wodurch eine Austrocknung des Waldes verhindert wird, und die bereits gerodeten Gebiete werden als Sekundärwald aufgeforstet.
Weiterhin wird Aufklärungsarbeit vor Ort betrieben und Möglichkeiten für den Ökotourismus wurden geschaffen. Die Umweltsünde wurde rechtzeitig gestoppt und heute ist der Nationalpark ein Vorzeigeprojekt für einen nachhaltigen Umgang mit der Natur.

Zahlreiche Pflanzen- und Tierarten sind im Sebangau Nationalpark zu finden, einige davon endemisch. Bekannt ist der Nationalpark vor allem für eine große Orang-Utan Population. Neben verschiedenen Affenarten leben unter anderem auch Nebelparder, Malaienbären und Rhinozerosvögel in diesem Habitat. Diese vielfältige Tierwelt macht den Nationalpark auch für Touristen interessant.

Saison ist im Sebangau Nationalpark von Juli bis September. Ein Besuch ist auch außerhalb dieser Zeit möglich, jedoch schränkt der erhöhte Niederschlag die Möglichkeiten vor Ort stark ein.
In der Regenzeit stehen Teile des Regenwalds komplett unter Wasser. Wir waren im August dort und das Torfmoor ist grundsätzlich nass und beschwerlich, wobei die Mühen belohnt werden.
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Wieso haben wir uns für diesen Nationalpark entschieden?
Bei unserer Reise nach Indonesien wollten wir unbedingt in den Regenwald. Das Ziel Borneo stand aufgrund der exotischen Aura und der (ehemals) großen Regenwaldfläche schnell auf unserer Liste.
Dort ergaben sich, neben dem bekannten Tanjung Puting Nationalpark, verschiedene Möglichkeiten. Letztlich fiel unsere Wahl auf den relativ unbekannten Sebangau Nationalpark, da sich die Anreise von Jakarta günstiger gestalten ließ.
Diese Entscheidung sollte sich später als Glücksfall herausstellen. Englische oder gar deutsche Informationen ließen sich zwar nur spärlich finden, aber dies stellte kein Problem dar und wir buchten eine dreitägige Tour. Unser Abenteuer begann bereits mit dem Entschluss, diesen Nationalpark zu besuchen, da wir nicht wirklich wussten, was uns vor Ort erwarten wird.

Anreise in den Sebangau Nationalpark
Nordöstlich des Sebangau liegt die Stadt Palangka Raya, welche übrigens immer wieder mal als zukünftige Hauptstadt Indonesiens im Gespräch ist.
Aufgrund des Flughafens lässt sich die Stadt sehr gut erreichen. Unter anderem ist ein Flug von Jakarta oder Surabaya, beispielsweise mit Garuda oder Lion Air, möglich.

Im Nationalpark selbst gibt es verschiedene Camps und Dörfer, wobei unsere Tour uns zu einer WWF Beobachtungsstation inmitten des Waldes führen sollte. Diesen Weg nehmen pro Jahr nur etwa 20 Touristen.
Von Palangka Raya aus fuhren wir zunächst etwas mehr als zwei Stunden mit dem Auto, davon die letzte halbe Stunde über sehr unebene Wege. Wir erreichten ein kleines Dorf am Ufer des Katingan Flusses. Von dort aus ging es mit einem motorisierten Kanu weiter. Unterwegs hielten wir in einem weiteren Dorf, welches sich zum Teil auf dem Fluss selbst befindet und Dayak typisch ist. Bei diesem kurzen Stopp zeigte man uns frisch gefangene Fische und große Rosenberggarnelen.
Nach weiterer Fahrt bog das Kanu in einen kleinen Nebenarm des Katingan Flusses ein. Die Vegetation wurde zunehmend dichter, das Wasser immer dunkler und nahm letztlich eine komplett schwarze Farbe an.
Das sogenannte Schwarzwasser ist typisch für Torfmoorwälder. Unsere Blicke schweiften vom Fluss in den dichten Dschungel und es stellte sich ein unwirkliches Gefühl ein. Vor etwa 48 Stunden waren wir noch in Deutschland und nun mitten im unberührten Dschungel auf Borneo.

Zügig erreichten wir die Beobachtungsstation Punggu Alas, welche aus drei Hütten besteht. Das große Gebäude wird gemeinschaftlich von den Rangern und ihren Familien genutzt, während die anderen beiden Hütten für Forscher oder Touristen genutzt werden. Die Ausstattung vor Ort ist entsprechend der entlegenen Lage zweckmäßig. Mehr darf man nicht erwarten, da die Natur und eine sanfte Form des Tourismus im Vordergrund stehen.

Abseits der Wege
Nach einer Pause starteten wir zu einer ersten Tour in den Dschungel, zusammen mit einem Ranger und unserem Guide.
Nach wenigen Metern endete der Steg und wir begaben uns direkt auf den nassen und matschigen Boden des Torfmoorwalds. Jeder Schritt musste mit Bedacht gewählt werden, wollte man nicht tief ins Moor einsinken. Es klappte jedoch gut und man wurde mit jedem Schritt ein wenig sicherer. Die Schuhe waren zwar komplett matschig, was unvermeidbar ist, aber ein Fehltritt blieb uns zunächst erspart.
Zurück im Dorf wurde es schnell dunkel und der Geräuschpegel aus dem Dschungel stieg immer weiter an. Mediterrane Zikaden wirken dagegen leise.

Am nächsten Morgen wurden wir von Geräuschen auf dem Dach geweckt. Makaken-Affen sind in das Dorf gekommen und haben jeden Winkel nach Nahrung abgesucht. Im ersten Moment nach dem Aufwachen fiel es zunächst schwer zu realisieren, dass man gerade mitten im Dschungel ist und von Affen geweckt wurde.
Schnell zogen wir erneut los. Diesmal sollte es für mich allerdings nicht komplikationslos verlaufen. Nach wenigen Metern machte ich einen falschen Schritt und stand bis zu den Knie im Moor. Meine Stimmung war dementsprechend erstmal gedämpft, dies legte sich aber relativ schnell wieder, als wir nach und nach auf die verschiedensten Tiere gestoßen sind. Die Atmosphäre mitten in der Natur ist einmalig. Nach drei Stunden und bereits auf dem Rückweg hatten wir dann noch das Glück auf „Brown“ zu treffen, dem größten Orang-Utan in diesem Gebiet.

Auf Augenhöhe mit der Natur
Zunächst fraß er von der Spitze eines Baumes. Danach machte er sich in geringerer Höhe von Baum zu Baum davon. Den Vorgaben entsprechend blieben wir auf Distanz und beobachteten das Tier aus etwa 15 Metern Entfernung. Die Ranger haben nur einen Beobachtungsauftrag und kommen den Tieren ebenfalls nicht näher. Gefüttert werden die Tiere selbstverständlich nicht, damit sie weiterhin frei leben und keine Verhaltensänderung eintritt. Selbst die Ranger treffen nicht jeden Tag auf einen Orang-Utan und auch unser Guide hat noch keines dieser Tiere in (komplett) freier Wildbahn beobachten können. Wir hatten also dementsprechend sehr viel Glück, auf eines dieser Geschöpfe getroffen zu sein.
Doch auch ohne diese Sichtung hätte sich die Tour in den Sebangau Nationalpark gelohnt. So konnten wir den ‚echten‘ Dschungel, fernab von plattgetretenen Wegen und angefütterten Tieren, erleben. Natürlich war dieses Abenteuer dafür mit einigen Strapazen verbunden und man hat sich auch dreckig gemacht, aber ich kann jedem einen solchen Ausflug ans Herz legen.
Man sollte sich allerdings ein wenig darauf einlassen. Ich kann mich absolut nicht beklagen, aber für Menschen die etwas mehr Komfort mögen und die nicht mittendrin dabei sein mögen, ist dies vermutlich eher weniger etwas. Vor deiner nächsten Reise kannst du ja mal überlegen, ob dies nicht vielleicht auch etwas für dich ist.
Was nimmt man mit nach Hause?
Rückblickend betrachtet war dies die intensivste Etappe der Reise. Als Freund schöner Landschaften hat mich die Aussicht auf den Bromo zwar mehr fasziniert, allerdings blieb dies in der Erinnerung weniger stark zurück.
Den Dschungel und die dort gemachten Erfahrungen habe ich hingegen noch klar vor Augen. Bei einem Blick auf die Weltkarte finde ich es immer noch schwer zu begreifen, in einem komplett unberührten Stück Regenwald am anderen Ende der Welt gewesen zu sein.
Ebenfalls verbleiben die Bilder der Zerstörung am Rande des Nationalparks in meinen Erinnerungen. Dies ist zwar ein trauriger Anlass, aber dennoch eine wichtige Erfahrung. Die endlosen Palmölplantagen und Goldminen einmal aus der Nähe gesehen zu haben, trägt definitiv dazu bei, ein stärkeres Bewusstsein für die Umwelt zu entwickeln. Auf Palmöl in Produkten habe ich bisher nicht wirklich geachtet, dies hat sich nun geändert.
Text und Fotos: Jens Dragunski
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