Ein Gastbeitrag von Michael Leitzinger
Schon einmal vom Nantu Forest im nördlichen Sulawesi gehört? Ja? Dann könnt ihr gleich mit dem nächsten Absatz fortfahren. Nein? Dann seid gespannt.
Nantu ist eine Baumart, nachdem dieses 63 Hektar grosse Waldgebiet – einer der letzten Primärregenwälder Indonesiens – benannt worden ist.
Die Insel Sulawesi ist einer der fünf weltweit bekannten „Wildlife Hotspots“: 62% aller auf Sulawesi vorkommenden Säugetiere und 34% aller Vogelarten sind in diesem Regenwald anzutreffen.
Nantu Forest ist Rückzugsgebiet stark bedrohter Tierarten, wie dem Hirscheber (Babyrousa celebensis), dem Anoa (Bubalus quarlesi) und dem Heck Makaken (Macaca hecki).
Dr. Lynn Clayton: Ein Leben für die Hirscheber
Es war im Jahr 1988 als Lynn Clayton erste Feldforschungen im Nantu Forest unternahm. Die englische Oxfordabsolventin, Feldbiologin und spätere Dr. Lynn Clayton, gewann 1998 den zweiten Platz bei einem Naturschutzwettbewerb des Whitley Found for Nature. Das Geld, das ihr dafür ausgezahlt wurde, setzte sie zum Schutz des Nantu-Paguyaman Waldes ein. Es fiel ihr nicht schwer zu erkennen, dass dieses wilde und abgelegene Waldgebiet zum Schutz des Hirschebers von internationaler Bedeutung und Interesse werden muss.
Clayton arbeitete in enger Kooperation mit den indonesischen Behörden, Naturschutzorganisationen, Rangern, Forschungs-einrichtungen und Volontären zusammen, um diesen einzigartigen Lebensraum zu bewahren.
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Mit ihrem indonesischen Kinderbuch „Tempat Istimewa Di Dalam Hutan“, was sie zusammen mit Marty Colbeck verfasst hatte, macht sie in umliegenden Schulen und Gemeinden auf die Bedeutung der dort lebenden, bedrohten Tierarten aufmerksam und versucht Bewusstsein zu schaffen.
2002 gründete Dr. Clayton die gemeinnützige Organisation YANI – Yayasan Adudu Nantu International, die mit Spendengeldern den Schutz bis heute aufrecht erhält. Der Nantu Forest ist ein Waldgebiet mit Potential zum Nationalpark.
Abwarten, wann es soweit ist.
Öko-Tourismus im Nantu Forest
Nur wenige Menschen haben bisher von der endemischen Artenvielfalt im Nantu Forest gehört und noch weniger Personen haben ihn selbst aufgesucht. Geht man die Besucherliste im Gästebuch durch, findet man hauptsächlich indonesische Namen, Besucher die für die Regierung oder die Naturschutzbehörden arbeiten. Unter ausländischen Besuchern meist Forscher, Biologen oder Filmteams.
Erst im März 2016 drehte National Geographic dort. Persönlichkeiten wie der Direktor des Opel Zoos Dr. Thomas Kauffels besuchte zusammen mit dem Seniorkurator Gert Nötzold des Leipziger Zoos im Januar 2016 Nantu Forest. Beide halten Hirscheber in ihren Tierparks. Jedoch ganz wenige naturinteressierte Touristen sind bis jetzt darunter.
Hier wird vorbildlicher Öko-Tourismus betrieben. Man findet keine leeren Plastikflaschen, Zigarettenkippen oder sonstige Fremdkörper und Zivilisationsmüll im dichten Wald.
Um dieses Schutzgebiet offiziell betreten zu dürfen, bedarf es einer speziellen Genehmigung, der „Surat Tanda Melapor“, welche die Kepolisan Negara Republik Indonesia in Gorontalo gegen eine Gebühr ausstellt.
Nur in Begleitung ortskundiger Ranger, die allesamt leider nur brockenweise Englisch sprechen, kann man dieses weitläufige Areal aufsuchen. Ohne sie würde man zwar hinein finden, doch den Rückweg mit Sicherheit nicht mehr selbst ausfindig machen.
Ansitzen, beobachten, schweigen
Aus dem Beobachtungsprotokoll vom 05. April 2016
Zum Beobachten wurde eine 2,0m x 1,5m große Hütte mit Wokapalmblättern als Wände und Schrägdach am Waldrand errichtet. Zwei Gucklöcher sind zur Adudu-Lichtung hin ausgerichtet. Die Einrichtung, eine L-förmige Bank wie ein umgedrehter Eimer mit Holzbrett als Sitz. Max. für 4 Personen ausgelegt.
Zeit Tierart Aktivität/Beobachtung
08:30 Bezug der Beobachtungshütte
08:54 Schwarze Taube Tauben picken nach Samen und trinken Wasser
09:10 Erste Sonnenstrahlen erreichen die Lichtung
09:17 Sulawesi Nashornvogel 4 Vögel queren die Lichtung, zwei lassen sich auf einem Baum
nieder
10:13 Babi rusa 1 Hirscheber betritt von hinten links die Lichtung, schnüffelt, trinkt, beobachtet seine Umgebung ausführlich
10:19 Babi rusa 2 Bachen und ein Jungtier betreten die Lichtung. Sie folgten dem Eber in sicherer Entfernung
10:24 Babi rusa Aufgeschreckt durch unser Niessen verlassen sie im
Schweinsgalopp die Lichtung nach rechts
11:03 Babi rusa Ein kurzer Kampf zwischen Ebern ist zu hören
11:26 Bindenwaran Quert die Lichtung und nimmt dabei ein Schlammbad
11:50 Babi rusa Erste Gruppe kommt zurück. Gefolgt von 3 weiteren Bachen.
Trinken ist angesagt
11:56 Babi rusa Sie verlassen allesamt die Lichtung
12:00 Mittagspause 500 Meter entfernt vom Beobachtungsplatz
13:00 Wir kehren zur Lichtung zurück. Ansitzen, warten, schweigen
13:17 Babi rusa Von vorne rechts betreten 9 Bachen und 1 Eber die Lichtung.
Queren sie und trinken dabei. Wühlen im Schlamm.
13:29 Babi rusa Alle verlassen am hinteren Waldrand die Lichtung
13:35 Ästebrechen ist zu vernehmen
13:47 Heck Makake Ein Heck Makake betritt vorsichtig die Lichtung. Trinkt.
13:50 Babi rusa Ein ausgewachsener Eber erscheint. Beobachtet, riecht, trinkt
eine geschlagene Minute lang ungestört
13:55 Babi rusa Verlässt die Lichtung nach hinten links
14:18 Heck Makake 4 Makaken suchen die Wasserstelle auf
14:24 Heck Makake Makaken ziehen sich auf abgestorbene Bäume zurück
14:26 Heck Makake 4 Jungtiere kommen an die Wasserstelle, lausen sich
14:32 Heck Makake 1 Eber und 4 Jungmakaken halten sich am Wasser auf
Babi rusa
14:36 Heck Makake 2 halbwüchsige Eber gesellen sich dazu
14:46 Babi rusa 4 Bachen mit 3 Jungschweinen gesellen sich dazu
15:08 Schlange Wir entdecken eine Schlange im Blätterdach des Versteckes
15:30 Rückzug zum Pos Jaga. Ende des Beobachtungstages
Echt Schwein gehabt!
Denn am nächsten Tag konnten wir vormittags nur einen Eber mit zwei Bachen und einem Jungtier beobachten. Am Nachmittag war die Lichtung tierleer.
Menschen hatten schon Kontakt mit Hirschebern in der Frühgeschichte. 40.000 Jahre alte Höhlenmalereien, die in der Nähe des Ortes Maros im Süden von Sulawesi gefunden wurden, stellen eindeutig Hirscheber dar.
Der Sulawesi-Hirscheber (Babyrousa celebensis) verdankt seinem Namen den geweihartigen Eckzähnen, die die Schnauzenhaut nach oben durchstossen.
Diese tagaktiven, in Gruppen lebenden Schweine, erwachen mit den ersten Sonnenstrahlen, verrichten ihre Morgentoilette und gehen auf Nahrungssuche. Mit Vorliebe knacken sie Nüsse mit ihren kräftigen Kiefern, verschmähen aber Wurzeln und Früchte auch nicht. Den größten Teil ihrer Aktivitätszeit verbringen sie mit Suhlen und Schlammbaden. Nach einer Tragezeit von ca. fünf Monaten bringt die Bache, die lediglich über zwei Zitzen verfügt, bis zu zwei 800 Gramm schwere Frischlinge zur Welt.
Der Schweinefeind Nr. 1: Der Mensch
Kaum anders zu erwarten, stellt für diese endemische Tierart der Mensch das größte Gefahrenpotential dar.
Transmigrantensiedlungen mit Zuwanderern aus Java und Bali nahmen in den vergangen 7 Jahren stark zu.
Palmölplantagen erstrecken sich mitlerweile über Kilometer und illegale Goldminen (Lokasi Peti Botuwanggubu im Süden – 2015 gesperrt, Peti Tamaila im Norden – anscheinend noch in Betrieb) wurden im Herzen des Wildtierreservats eröffnet.
Wilderei ist für die Bauern in den Transmigrasidörfern ein willkommenes Zubrot zu ihren 65 Euro Monatseinkommen, denn ein ausgewachsenes Schwein bringt dem Jäger 5 bis 6 Millionen Rupiah (360 – 430 Euro) ein, dass sie mit Schlingenfallen stellen.
Gut vorbereitet und ausgerüstet im Nantu Forest
Gedeckte Farben tragen. Kein Deo, Parfum oder Insektenschutzlotion anlegen.
Unbedingt dabei haben:
- Fernglas
- Kamera mit Teleobjektiv
- Ersatzakkus
- Stativ
- Notizbuch mit Stift.
Nichts im Beobachtungsplatz essen. Knistern, rascheln, räuspern, niessen und husten äusserst vermeiden.
Geführte Touren im Nantu Forest
Wer den Nantu Forest besuchen möchte, dem Indonesischen nicht allzu mächtig ist und langwierige Behördengänge vermeiden möchte, sollte sich für ein Tourenpaket entscheiden. Die Touren (3 – 4 Tage) beginnen meist ab Gorontalo. Weitere Infos erhaltet ihr hier.
Zum Geleit
Der Nantu Forest ist kein Zoo oder Wildgehege! Hier begegnest du den letzten ihrer Art auf Augenhöhe.
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Text und Fotos: Michael Leitzinger
Über den Autor: Michael ist Manager der Bobocha Cottages auf Siladen, Expeditionsleiter und so oft es geht in der Natur unterwegs. Neben Tauchen, Kochen und Bergsteigen erforscht er gerne unbekannte Inseln, undurchdringliche Regenwälder und Naturvölker. Für namhafte Fernsehsender organisiert er Drehs und ist seit 1990 vom Indonesien-Virus befallen
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