Bernd ist vor einiger Zeit nach Sumatra ausgewandert, wo er sich zwei einsame Inseln gemietet hat und jetzt ein Inselleben à la Robinson Crusoe führt.
Im Interview verrät er uns mehr über seine Auswanderung und sein Inselprojekt.

Wie kommt es, dass du auf einer einsamen Insel in Indonesien lebst?
Bevor ich ausgewandert bin, habe ich in Berlin gewohnt und gearbeitet. Zuletzt hatte ich endlich den (eigentlich) perfekten Job gefunden: freie Zeiteinteilung, gutes Gehalt und interessante Kunden.
Aber ich war immer noch nicht happy. Ich war gestresst und gleichzeitig gelangweilt von unserem modernen Leben. Ich wollte Abenteuer erleben. Also habe ich alles in Deutschland aufgegeben und bin ab nach Indonesien.
Dabei haben mich tropische Inseln immer am meisten fasziniert. Auf Inseln, vor allem einsamen, lag der Schwerpunkt meiner Südostasienreise.
Die mit Abstand schönste Inselregion habe ich in Sumatra gefunden: Pulau Banyak.
Und dann hat mir ein Freund aus Pulau Banyak seine zwei Inseln zur Miete angeboten. Für mich waren es die perfekten Inseln, mit perfekter Lage und genau zu meinem Budget. Ich konnte nicht ablehnen, sonst hätte ich es für immer bereut.
Und nun lebe ich dort seit über einem Jahr.

Was hast du mit diesen zwei kleinen Inseln vor?
Mein Hauptprojekt in der Inselregion ist es, nachhaltigen Ökotourismus einzuführen.
Es ist meiner Meinung nach die beste Lösung für die Natur, für die Locals und schlussendlich auch für uns Touristen.
Die Region wird sich verändern. Die Einheimischen verkaufen ihre Inseln, weil sie nicht wissen was sie sonst damit machen sollen.
In ganz Sumatra verkaufen sie ihr Land an ausländische Investoren. Mein Ansatz ist, dass sie selbstständig und unabhängig werden.
In meinem Traum hat jede einheimische Familie ein eigenes Ökotourismus-Business, wo sie davon profitieren, miteinander (statt gegeneinander) zu arbeiten. Denn aktuell herrscht hier leider noch enorm viel Neid, Missgunst und Konkurrenz.
Als westlicher Tourist kann man natürlich nicht einfach kommen und ihnen erzählen, wie alles funktioniert. Man muss ihnen umgesetzte Projekte zeigen, die funktionieren – und genau das habe ich vor.
Auf einer meiner Inseln lebe ich mit Freunden/Volunteers und baue eine Art nachhaltiges Dorf. Mit Tieren, Garten, Wasser und so weiter. Das Ziel ist es dort komplett autark leben zu können. Gebaut wird viel mit Treibholz und anderem „Müll“.
Auf der anderen Insel entsteht ein spezieller Robinson Crusoe Bungalow für Touristen. Alles dort wird sehr natürlich sein und Touristen werden ihre eigene Insel mieten können und dort eine „Cast Away Atmosphäre“ erleben. Ich nenne es auch gerne Adventure Tourismus.
Wenn der Bungalowbau abgeschlossen ist, stehen schon andere Projekte in der Pipeline. Vor allem möchte ich Tourismusprojekte einführen, die wenig Investition benötigen und auf einer einsamen Insel stattfinden können.
Es ist nicht nötig alles mit denselben Bungalows vollzubauen und erst recht nicht an irgendwelche Großinvestoren zu verkaufen die irgendwelche Resorts drauf bauen werden!
Eines dieser Projekte ist ein „Escape-Island„, also nach dem Konzept von „Escape-Rooms“, nur ist man auf einer Insel gestrandet und muss dort Aufgaben lösen und „überleben“.
ZU PROJEKT: The Driftwood islands: Stranded in paradise

Für wen ist die Gegend interessant?
Die Inseln befinden sich in Sumatra, nahe der Stadt Singkil. Sumatras Infrastruktur ist nicht besonders entwickelt im Vergleich zu anderen Ländern und Regionen, weshalb der Tourismus dort auch noch sehr gering ist.
Aber für Leute, die Natur und wenig Tourismus mögen, ist es perfekt. Ich gehe jedoch davon aus, dass sich das in den nächsten 5 bis 10 Jahren stark ändern wird.
Für mich ist Pulau Banyak die schönste Gegend die ich persönlich erlebt habe. Wie gesagt mag ich einsame, tropische Inseln und dort gibt es 60 davon, nah beieinander. Deshalb ist es für mich auch die weltbeste Region für Ozean-Kayaking.
Von meinen Inseln aus kann man beispielsweise über 20 andere Inseln mit dem Kayak erreichen. Auch ist es an vielen Orten sehr flach und überall findet man Korallen. Es ist perfekt zum Schnorcheln und das besonders auch in Verbindung mit Kayaks.
Man kann neben dem üblichen Fischen und Korallenlebewesen auch Delfine, sogar Wale und Dugongs (Seekuh), treffen. Für Liebhaber von Unterwasserwelten ist es hier ideal.
Aber auch Wellenreiten ist in der Region sehr gut möglich.
Das Campen auf einsamen Inseln ist ein Highlight. Auf den großen Inseln kann man in unberührtem Dschungel wandern und Lebewesen finden, die es sonst nirgendwo auf der Welt gibt.
Tauchen ist definitiv sehr interessant hier, aber es gibt zurzeit keine Tauchschule vor Ort. Wer mit seiner eigenen Tauchausrüstung kommt, kann jedoch bestimmt zahlreiche Spots entdecken, die noch nie ein Mensch zuvor betaucht hat.

Was machst du den lieben langen Tag auf deinen Inseln?
Man mag es kaum glauben, aber auf meiner Insel gibt es immer etwas zu tun.
Viel von dem, was ich baue, ist ja improvisiert und muss ständig verbessert, geändert und repariert werden.
Das ist aber auch der Sinn des Ganzen. Man lässt sich von der Insel inspirieren und setzt eine Idee um und verbessert und erweitert sie dann, bis es passt.
Auch mein Boot muss regelmäßig gewartet werden. Und dafür muss man so einiges lernen. Generell habe ich in dem Jahr auf der Insel wahrscheinlich mehr gelernt als auf jeder Uni oder in jedem Job zuvor – vor allem handfeste Dinge.
Es ist einfach eine ganz andere Welt, als die wir kennen. Aber es ist auch sehr Interessant unsere westliches Wissen in diese Umgebung zu übertragen. Dann sieht man erst mal wie lebensfähig man wirklich ist.
Gäste die herkommen, sollten sich auch von der Insel inspirieren lassen und Ideen, die sie haben, versuchen umzusetzen. Manche bauen etwas, manche gehen fischen, andere versuchen sich am Garten oder erstellen Kunst.
Alles ist erlaubt, solange es zum grundsätzlichen Konzept passt.
Aber meine Inseln sind auch der perfekte Ort um zu entspannen, zu schnorcheln, im Meer oder der Hängematte zu liegen und die Gedanken baumeln zu lassen.

Was passiert mit uns Menschen, wenn wir mal so ganz isoliert im Nirgendwo leben? Welche Gedanken kommen auf einmal auf?
Also ich mag Einsamkeit. Ich mag es alleine zu sein. Ich mag uns Menschen nicht besonders 😉
Ok, ich mag die Gesellschaft, die uns prägt und zu Sklaven der kapitalistischen Spirale macht, nicht so besonders. Ich mag Kinder und Tiere. Kinder sind unschuldig. Kinder sehen die Welt, wie sie wirklich ist, ohne den ganzen Quatsch, der uns später beigebracht wird.
Auf meiner Insel habe ich Tiere. Die genügen mir. Meine Katzen sind wie Hunde, folgen mir überall hin und auch auf Kommando.
Sämtliche Touristen, die vorbeikommen und mittlerweile auch viele Einheimische, die eigentlich keine Katzenfreunde sind, lieben meine Katzen. Ich hatte auch drei Hühner, aber die wurden geklaut und wahrscheinlich gegessen.
Mir genügt eigentlich auch das Internet für Kommunikation mit Freunden. Ich bin einfach nicht so der Small-Talk-Typ. Deshalb kann ich auch immer noch nicht richtig gut Indonesisch.
Der Smalltalk in den Coffeeshops würde mich überwältigen. Wenn ich allein auf meiner Insel bin, bin ich immer glücklich. Dann spielen auch Probleme wie Geld- oder Existenznot keine Rolle.
Auf meinen Inseln schlafe ich z.B. auch am besten. In Deutschland hatte ich oft Probleme mit dem Einschlafen, aber hier niemals.

Was waren die magischsten Momente auf deinen Inseln?
Alleine ist es am magischsten. Wenn Gäste da sind, versuche ich sie auch immer mal alleine zu lassen, denn das muss man erlebt haben.
Alleine auf einer einsamen Insel. Dann gibt es keine Ablenkung, nur die Natur und ihren Sound, ihren Geruch, das perfekte Feeling.
Ich liebe die Mitte des Tages hier, wenn die Sonne senkrecht steht und der Kontrast zwischen Sonne und Schatten auf meiner Insel am stärksten ist. Aufgrund der vielen Bäume ist es auch nicht zu heiß. Generell ist meine Insel fast wie akklimatisiert. Es ist eigentlich nie zu heiß oder zu kalt.
Selbst Einheimische lieben meine Insel mittlerweile und kommen zum Ausruhen nach zu viel Sonne vorbei. Oder beim Sturm.
Viele meiner Gäste gehen oft früh ins Bett, was ich etwas bedauere. Denn gerade auch die Nacht ist magisch. Vor allem nach Mitternacht. Wenn der Mond die Nacht zum Tag macht oder die Milchstraße leuchtet.
Wenn man am Horizont die Blitze von Stürmen sieht. Im Wasser die leuchtenden Algen bestaunt und generell ist die Unterwasserwelt nachts sehr lebhaft und interessant.
Auch benutze ich nachts primär natürliches Licht wie Petroleumlampen und Lagerfeuer. Elektronisches Licht saugt zu viel des natürlichen Insellichtes auf.
Schlussendlich habe ich die ideale Insel-Musik auf meiner Musikbox für die nächtliche Inselstimmung.
Aber es gibt noch so viele andere magische Momente. Wenn die Schildkröte vor deinem Kayak auftaucht und Hallo sagt. Wenn ich mit meinem Boot Delfine sehe und sie zu mir rufen und wir dann zusammen ein Wettrennen machen. Wenn man am späten Nachmittag mit dem Boot fährt und überall hunderte springenden Fische von der untergehenden Sonne angestrahlt werden und leuchten. Wenn man beim Schnorcheln ein neues Lebewesen trifft, z.B. eine Schlange auf der Gras wächst 😉

Welchen Prozess musstest du durchlaufen, um Mieter von zwei Inseln zu werden?
Der Prozess war eigentlich recht einfach. Allerdings läuft da auch alles nach lokalem Inselrecht ab. Die lokale Community muss es akzeptieren und dann ist es okay. Unterschrieben hat der oberste Beamte der zuständigen Inselregion plus vier Zeugen und der Inhaber, der auch das korrekte Eigentumsdokument besitzt.
Wie sicher das alles ist kann ich nicht 100% sagen. Vielleicht kann Jakarta kommen und alle einheimischen Inselbesitzer enteignen oder das Ganze zum Naturschutzgebiet erklären.
Aber in die Zukunft kann niemand schauen und insofern spielt das für mich keine große Rolle. Risiken gibt es immer und überall, schon beim Straße überqueren.
Andererseits sehe ich das auch so: Ich kann einen Bungalow für eine Woche mieten, wieso also nicht auch eine Insel für 30 Jahre?
Natürlich habe ich mich mit vielen Ausländern, die dort Land besitzen oder gemietet haben, abgesprochen und folge ihrem Beispiel.
Eine Deutsche hat z.B. in einem einheimischen Dorf vor vier Jahren geheiratet und ist eine meiner besten Kontakte diesbezüglich.

Hast du Angst vor Tsunamis, da es auf deiner Insel keine Hügel gibt?
Ich habe keine Angst vor Tsunamis. Die Region ist deutlich weniger gefährdet als andere indonesische Orte. Der große Tsunami 2004 hat auch Pulau Banyak betroffen. Aber dort ist dann nur der Meeresspiegel gestiegen, ohne Welle.
Meine Insel war vorher größer und wenn sowas noch mal passiert, ist sie wohl weg.
Um meine Insel herum sind auch überall andere Inseln, ein Tsunami müsste erst mal durch die durch. Aber dass man irgendwo auf der Welt vom Auto überfahren wird oder wegen eines häuslichen Unfalls stirbt ist bedeutend wahrscheinlicher.
Zumindest das erste kann hier nicht passieren 😉

Was tust du gegen Inselkoller?
Einen Inselkoller habe ich eigentlich nie. Ich bin immer am glücklichsten wenn ich auf den Inseln bin.
Manchmal habe ich etwas Kulturkoller. Zu viele sinnlose Probleme, die mein Geld zerstören und mich oft frustrieren. Zum Beispiel habe ich ein neues Boot gekauft und es war undicht und ich habe mich beschwert. Da haben sie mich ausgelacht, dass man ein neues Boot erst mal reparieren muss und Bretter die nicht gut sind, raussägen und durch Neue ersetzen muss. Ist ja handgemacht und nicht aus der Fabrik.
Oder wenn ich meine Bootsmaschine zur Reparatur bringe, weil ein kleines Plastikstück gebrochen ist und sie dann das Plastikstück nicht auswechseln, dafür alles andere ändern und dadurch fünf neue Probleme entstehen, ja dann ist das etwas ermüdend.
Das Problem ist leider, dass viele Einheimischen keine Leidenschaft in ihren Jobs zeigen und diese ausschließlich für Geld machen. Oder sich den Job sogar mit Geld gekauft haben, obwohl sie ihn gar nicht gelernt haben. Das ist ein sehr großes Problem in Sumatra und wenn sich da nichts ändert, dann werden sie von Ausländern, wie Chinesen, Indern oder auch uns weggentrifiziert.
Für die Einheimischen bleiben dann maximal die untersten Jobs wie Putzen. Eine Tendenz gegen die ich kämpfen will – auch wenn es sich um die Windmühlenproblematik handelt.

Was hast du noch für Pläne?
Ich habe hunderte von Plänen, für die Inselregion, für Sumatra, für überall 🙂 Aber erstmal versuche ich, im Jetzt zu leben. Aus der Vergangenheit zu lernen, die Zukunft im Auge zu behalten, aber ansonsten alles auf die Gegenwart zu setzen.
Seit ich so verfahre, bin ich deutlich glücklicher als zuvor. Jetzt werde ich erst mal die Robinson Crusoe Insel fertig bauen, damit sie bereit für Gäste ist.
Gleichzeitig arbeite ich seit neustem auch mit der lokalen Regierung zusammen und versuche sie bei der Lösung des Plastikproblems zu unterstützen.
Des Weiteren werden im Dschungel am Festland Orang Utans von illegalen Holzfällern getötet. Dagegen unternimmt die Regierung leider wenig, weshalb ich mit einheimischen Partnern versuche mehr Touristen dort hinzubringen.
Wenn es dort mehr Touristen gibt und die lokale Regierung sieht, dass lebende Orang Utans gut fürs Geschäft sind, dann wird sie auch etwas gegen das Wildern tun.
Außerdem gehört Sumatra zu den Top-Ländern, was Bambus-Vorkommen angeht. Allerdings nutzen sie Bambus fast gar nicht zum Bauen, sondern holzen stattdessen die Wälder ab. Bambus wäre ein enormes Geschäftsfeld für Sumatra, da Bambus eine nachhaltige Ressource der Zukunft ist und viele Vorteile bietet, weshalb es auch immer populärer und gefragter in der westlichen Welt wird.
Tatsächlich nutzt Sumatra Bambus nicht, da sie nicht wissen wie sie es langfristig haltbar machen.
Unbehandelt ist es nur ein Jahr haltbar, behandelt bis zu 100 Jahre. Und die Behandlung ist sehr einfach und kostengünstig.
Ich fange damit an, indem ich so schnell wie möglich auf Bambusbau umstelle. Bisher wollten mir die Einheimischen noch nicht die dafür benötigten Chemikalien verkaufen, da sie denken, ich bin vielleicht ein Terrorist. Ja so ist das hier, alles nicht so einfach, alles ein bisschen abenteuerlich, aber das wollte ich ja als ich ausgewandert bin: Abenteuer erleben!
→ Bernds Blog besuchen: berndout

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