Ein Beitrag von Kathrin Hecht von www.katsofa.com
West-Sumbawa ist schwieriger, abgelegener und weit weniger touristisch als Bali und Lombok, eigentlich gar nicht touristisch.
Englisch wird selten gesprochen außerhalb der Hotels und Homestays.
West-Sumbawa ist grün und blau: Grün wie die dicht bewachsenen Hügel und der Dschungel; blau wie das Meer, das alles umspannt.
West-Sumbawa ist Natur, Abgeschiedenheit und unerschlossene Wege. Und zu wissen, wo es lang geht, wo was stattfindet, Informationen zu bekommen, ist eine Aufgabe an sich. Es ist eine Mission.
In meinem vier-wöchigen Sumbawa-Aufenthalt hatte ich gehofft, ein paar coole Geschichten über Land und Leute zu finden, speziell zum Thema Religion und dem Einfluss von Animismus und Mystizismus, aber auch zu Traditionen an sich.
Ich wollte mehr erfahren über Büffelrennen zum Beispiel, einem traditioneller Tanz beiwohnen, einen Heiler beobachten, der einen bösen Fluch vertreibt – irgendetwas, das Kultur und Religion greifbar macht und in unseren Augen aufregend und berichtenswert erscheint.
Ich machte mich also auf die Suche und musste feststellen: Als Tourist oder Reisender erreicht man hier die Grenzen seiner eigenen Investigativkraft recht schnell – auf jeden Fall dann, wenn man nicht fließend Indonesisch spricht und sich auf die vornehmlich englischen Informationen verlassen muss.
Einfach googlen funktioniert nicht. Informationen sind rar oder reine Erfahrungsberichte mit wenig verlässlichen und wenig tief gehenden Informationen – eine ernüchternde, fast frustrierende Erfahrung für jemanden wie mich, der darauf trainiert ist, alles im Internet zu recherchieren und auch zu finden.
Und die Broschüren zu Events in der Region, die in unserer Unterkunft auslagen, waren auch nicht wirklich hilfreich. Reine Marketing-Produkte, die über die gängigen Floskeln „einmalig“, „reiche Tradition“ und „umwerfende Natur“ nicht hinaus gingen.
Konkrete Angaben zu den Veranstaltungen (wo genau, welche Uhrzeit etc.) fehlten ebenso wie eine Webadresse, unter der man die Infos auch auf Englisch und nicht nur auf Indonesisch finden kann.
So viel zur Information, die man von einer – zumindest gefühlt – offiziellen Tourismusstelle für die Region West Sumbawa bekommt (Culture & Tourism Office of West Sumbawa Regency).
Also habe ich einen anderen Weg der Informationsbeschaffung eingeschlagen, und zwar: Leuten mit ständigen Fragen auf die Nerven gehen und über Mund-zu-Mund-Informationen meinen Anliegen näher kommen.
Aber auch auf diesem Weg gelang die Informationsbeschaffung nur mäßig.

Wo ist denn nun das Büffelrennen?
Das beste Beispiel dafür war der Versuch, ein Büffelrennen anzuschauen und mehr über dessen Ursprung zu erfahren. Obwohl alle Rennen der Saison in der offiziellen Broschüre gelistet waren, waren mehrere Telefonate nötig, um herauszufinden, wann und wo das nächste Rennen wirklich stattfindet.
Und als wir dann auf dem Weg zum Rennen waren, konnten wir es trotz lokaler Kenntnis und Nachfragen bei den Dorfbewohnern nicht finden – für mich ein Beweis, dass auch bei exzellenten Indonesischkenntissen die Informationsbeschaffung schwierig sein kann.
Was den traditionellen Ursprung bzw. Hintergrund angeht, hatte ich schon einige Sachen recherchiert und gelesen: „Barapan Kebo“ (so werden die Rennen dort genannt) seien eine traditionelle Angelegenheit und Bestandteil der „reichen Kultur“ West-Sumbawas. Veranstaltet werden sie zu Ehren der Götter, um Segen für die kommende Erntesaison zu erbitten – so zumindest die Infos, die ich über die Rennen auf Bali hatte.
Außerdem gäben die Büffel etwas von ihrer Stärke an die Reisfelder ab. Mich interessierte, ob diese Hintergründe so auch auf West-Sumbawa existierten.

Halligalli statt Tradition
Meine Gesprächspartner verbanden hingegen drei andere Dinge mit den Büffelrennen: Spaß, Wetten und Geld. Halligalli statt Tradition. Erstaunlicherweise konnte mir keiner etwas zum eigentlichen Ursprung erzählen. Wenn es mich aber wirklich interessiere, meinte der eine Tourguide, könne er eine Freundin kontaktieren, die im Tourismusbüro in Taliwang arbeitet und mehr darüber wisse – gegen 100.000 Rupiah extra würde sie bestimmt auch mit zum Rennen kommen.
Vielleicht kann man diesen Zustand mit dem Karneval in Deutschland vergleichen. Weißt du, weswegen man sich verkleidet und Paraden veranstaltet?

Religion, Animismus und Mystizismus
Das andere Thema, an dem ich dran war, waren Religion und Animismus.
In so vielen Reiseführern und Berichten habe ich von der Eigenart der indonesischen Religionen und dem Einfluss des Animismus auf das religiöse Leben vor Ort gelesen: auf Bali der Hinduismus, der so anders als in Indien ist; in anderen Landesteilen der Islam, der von älteren Glauben und Praktiken beeinflusst wird.
Ich hätte gern mehr darüber erfahren, wie Animismus und Mystizismus auf Sumbawa heute noch gelebt werden.
Aber auch hierzu konnte ich vor Ort nichts heraus finden. Meine Hoffnung war das viel zu kurze „Gespräch“ mit dem Village Chief gewesen, welches genau null gebracht hat – zumindest, was Antworten auf meine Fragen betraf.
Das Zusammentreffen hatte mir allerdings gezeigt, wie das Leben und die Informationsbeschaffung auf West-Sumbawa laufen: Zäh und nicht ohne einige Unterbrechungen, um viele Fotos von der „bule“ (weißen Touristin) zu machen. Ich mit Baby auf dem Schoß (der Enkel des Village Chiefs); der Kontaktvermittler, der Village Chief und ich zusammen; nur der Chief und ich. Und dann noch eins mit Baby, weil das erste nichts geworden war.
Der reich gedeckte Tisch im Amtszimmer – Kokosnuss-Pfannkuchen, verschiedene kleine Küchlein, Berge von Bananen und Erdnüssen – hatte mich eigentlich auf ein längeres Gespräch hoffen lassen. Ein Gespräch, bei dem ich alle meine Fragen zu Religion und gelebtem Animismus, zu Traditionen wie dem Büffelrennen und Problemen wie der Müllentsorgung stellen könnte. Aber dazu kam es leider nicht: Der Chef der Administration bekam einen Anruf, und mit dem Versprechen, mich am nächsten Tag auf eine Hochzeit nach Taliwang mitzunehmen, verabschiedete er sich.
Ich hoffte also auf die Hochzeit in Taliwang als kulturelles Highlight.

Shit happens…
Am nächsten Tag, als ich geschminkt und in meinen besten Indo-Reise-Klamotten abfahrtsbereit war, kam dann ein weiterer Anruf: Ein Verwandter des Village Chief war gestorben und so würde er nicht nach Taliwang fahren.
Keine Hochzeit also.
„Shit happens“, meinte der Manager unserer Unterkunft, als er mir die Nachricht überbrachte.
Ja, shit happens. Ich will nicht sagen, dass ich es geahnt hätte. Aber irgendwie passte es zu meiner „erfolglosen“ Suche.
Das Lehrstück über Indonesien
Und vielleicht ist genau das das eigentliche Lehrstück über Indonesien sowie die Fragen, die sich im Nachhinein auftun: Sind Tradition und ursprüngliche Glaubensrichtungen wirklich vergessen oder bin ich nur nicht an die richtigen Leute heran gekommen, die mir etwas darüber hätten erzählen können?
Werden tiefgründigere Fragen von uns Reisenden wirklich ernst genommen?
Was soll überhaupt preis gegeben und was soll besser unter einer Decke des vermeintlichen Unwissens verborgen bleiben?
Und darf man überhaupt erwarten, dass jede Ecke von Indonesien voller Kultur, Magie und Religion ist?

Meine Learnings
1) gute Indonesischkenntnisse sind in West-Sumbawa von unschlagbarem Vorteil (nicht nur, um mehr über Land & Leute zu erfahren, sondern auch, um einfach einzukaufen)
2) wenn euch ein Thema wirklich interessiert, versucht an so viele Informationsquellen wie möglich heranzukommen, mit so vielen Leuten wie möglich dazu zu sprechen.
3) bringt Zeit mit. Das gilt zwar immer in Indonesien, aber es ist doch immer wieder ein Reminder, eine Probe in Geduld und einem anderen Zeitgefühl.
4) verlasst euch nicht aufs Internet oder Broschüren, sondern lasst euch Veranstaltungen, Fährzeiten, etc. kurz vorher noch einmal direkt bestätigen.
Text und Fotos: Kathrin Hecht von www.katsofa.com
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