Polygamie ist eine Praxis, die viele von uns in erster Linie mit dem Islam in Verbindung bringen. Dabei wird sie nicht nur von muslimischen Bevölkerungsgruppen, sondern auch von nicht-muslimischen Gemeinschaften auf der ganzen Welt praktiziert.
In Indonesien, einem der vielfältigsten Länder der Welt, ist Polygamie offiziell erlaubt und unter Muslimen, Balinesen und einigen Volksstämmen in Papua weit verbreitet.
In diesem Artikel erfährst du alles zum Thema Polygamie, unter welchen Voraussetzungen sie in Indonesien erlaubt ist und was die geheime islamische Hochzeit Nikah Siri damit zu tun hat.

Was bedeutet Polygamie?
Der Begriff Polygamie stammt aus dem Griechischen und setzt sich aus den Wörtern polys (=viel) und gamos (=Ehe) zusammen. Sie wird auch als Vielehe, Mehrehe oder Mehrfachehe bezeichnet.
Die Polygamie bildet das Gegenstück zur Monogamie und bezeichnet den Umstand, zwei oder mehrere Ehepartner zu haben.
Die Polygamie wird in zwei weitere Begriffe unterteilt: die Polygynie, bei der ein Mann mehrere Ehefrauen hat, und die Polyandrie, bei der eine Frau mehrere Ehemänner hat.
Da die Polyandrie seltener verbreitet und in den meisten Ländern verboten ist, ist bei der Bezeichnung Polygamie meist von der patriarchalen Struktur (ein Mann + mehrere Frauen) die Rede.
Für monogame Kulturen erscheint diese Konstellation erstmal seltsam. In einigen Gemeinschaften hingegen, in denen viele Nachkommen geschätzt werden oder ein hohes Ungleichgewicht hinsichtlich der Geschlechterverteilung herrscht, kann diese Lebensform durchaus Vorteile mit sich bringen.
Geschichtliche Entwicklung und Gründe für die Polygamie
Polygamie wurde bereits vor langer Zeit von vielen Kulturen auf der ganzen Welt praktiziert. Sie hat keinen konkreten Ursprung, sondern hat sich vielmehr im Laufe der Jahrhunderte entwickelt.
Damals hatte ihre Entstehung sowohl religiöse als auch historische Gründe.
Der Koran, die jüdische Thora und das christliche Alte Testament erwähnen die Polygamie als eine mögliche Lebensform ihrer Propheten und treuen Anhänger.
Gesellschaftliche und wirtschaftliche Strukturen, die keine oder nur wenige Selbstversorgungsmöglichkeiten für Frauen zuließen, verstärkten diese Lebensform. So war es bis ins 15. Jahrhundert normal, dass ein Mann mehrere Frauen versorgte, die dadurch eine finanzielle Absicherung und einen festen Platz in der Gesellschaft erhielten.
Herrschte zusätzlich ein Ungleichgewicht in der Verteilung der Geschlechter, beispielsweise zu Kriegszeiten, wählten viele Frauen lieber eine polygame Ehe, als alleine zu bleiben. Witwen wurden häufig vom Bruder des verstorbenen Ehemannes zur weiteren Ehefrau genommen, egal wie viele Partnerinnen dieser bereits hatte.
Die Fortpflanzung spielte eine weitere wichtige Rolle. War die erste Ehefrau unfruchtbar, konnte mit weiteren Ehepartnerinnen eine große Anzahl an Nachkommen gewährleistet werden.
Im Gegensatz dazu kann die Polyandrie (eine Frau + mehrere Männer), wie sie in einigen kargen Regionen des Himalayas praktiziert wird, den Bevölkerungszuwachs isolierter Gemeinschaften kontrollieren und eine ausreichende Lebensmittelversorgung aller garantieren.
Weltweite Analysen zeigen, dass die Polygamie nicht nur eine religiöse, sondern eine gesellschaftliche Erscheinung ist. In einigen Ländern, in denen sie toleriert wird, ist sie regional verbreitet und wird von nahezu allen Religionen bzw. auch von Menschen, die sich mit keiner Religion identifizieren, praktiziert.

Wo ist Polygamie erlaubt?
Die Mehrzahl der Länder verbietet die Praxis der Polygamie, doch in 58 Staaten ist sie legal. Viele von ihnen beheimaten eine mehrheitlich muslimische Bevölkerung in Zentral- und Westafrika, Asien und im Nahen Osten. Ihre Ausübung wird nicht selten durch gerichtliche Kontroll- und Eingriffsrechte reguliert.
In Malaysia, auf den Philippinen, in Singapur und Indien ist die Polygamie nur für Muslime erlaubt. In Laos, Thailand, Kambodscha und Timor-Leste ist sie zwar offiziell verboten, wird jedoch teilweise noch praktiziert.
In Indonesien, Sri Lanka, auf den Malediven, den Salomon-Inseln und den arabischen Ländern ist die Ausübung der Polygamie unter bestimmten Voraussetzungen legal und wird offiziell anerkannt.
Hinzu kommt, dass in vielen Ländern die Regelungen für die Ehe nicht vom Staat bestimmt werden, sondern vom Religions- und Gewohnheitsrecht bzw. den traditionellen Bräuchen (indonesisch = „adat“).
Aktuelle Daten und Zahlen zur Polygamie zu finden, gestaltet sich daher schwierig.
Polygamie im Islam
Die Polygamie wird zwar im Islam toleriert, doch nicht alle muslimischen Männer leben polygam. Nach islamischem Recht (Scharia-Gesetz) ist es Männer erlaubt, bis zu vier Ehefrauen gleichzeitig zu haben – solange er alle gleichberechtigt und fair behandelt.
Gläubige stützen sich dabei auf den Vers 4:3 im Koran, aus dem sie meist nur einen kleinen Ausschnitt zitieren („…heirate zwei, drei oder vier Frauen…“) und den weiteren Kontext nicht beachten.
Im vorangehenden Vers 4:2 werden Männer angesprochen, die Waisen unterstützen und als deren Wächter fungieren. Nur wenn diese Männer nicht entsprechend für die Waisen aufkommen und ihnen gerecht werden, sollen sie über eine Ehe mit weiteren Frauen nachdenken.
Viele Historiker gehen davon aus, dass die Polygamie ihren Ursprung im 7. Jahrhundert hatte, als es darum ging, zu Kriegszeiten Witwen und Waisen aufzufangen.
Laut Nina Nurmila, Professorin für Islamwissenschaft mit Schwerpunkt Polygamie, war die Polygamie bereits lange vor dem Islam da. Der Islam habe lediglich die Praxis durch Vorschriften und Pflichten des Mannes gegenüber seiner Frauen reguliert.
So beschreibt Vers 4:3 weiter: „Aber wenn du befürchtest, so viele von ihnen nicht gerecht (fair) zu behandeln, dann nimm nur eine oder was deine rechte Hand besitzt. So kannst du am ehesten vermeiden, Unrecht zu tun.“
Weiter zitiert Nina Nurmila Vers 4:129, der besagt, dass es Männern unmöglich ist, fair gegenüber all ihren Frauen zu sein. Folglich sei im Islam die Polygamie nicht möglich.
Vor allem die Ausrede vieler Männer, Polygamie soll die erhöhte sexuelle Lust der Männer stillen, wird im Koran nicht erwähnt. Vielmehr geht es darum, für das Wohlergehen von Waisen zu sorgen und im Interesse derer zu handeln. Eine zweite Frau, die hierbei die Mutterrolle einnimmt, kann für einen Mann eine große Hilfe sein.
Wie viele andere Themen im Islam ist auch die Polygamie eine Sache der Auslegung und Interpretation durch verschiedene – hauptsächlich männliche – islamische Gelehrten.
Polygamie in Indonesien
Im Land mit der größten muslimischen Bevölkerung der Welt ist und bleibt die Polygamie ein kontroverses und die muslimische Gesellschaft spaltendes Thema.
Das Leitprinzip des indonesischen Ehegesetzes ist die Monogamie, doch die Polygamie wird unter bestimmten Voraussetzungen toleriert.
Offizielle Umfragen ergeben, dass ein Großteil der Indonesier gegen Polygamie sind – andere wiederum versuchen, sie salonfähig zu machen.
Anhänger betonen die Konstellation als ideale Familienstruktur und bemühen sich, jegliche negative Behaftung von ihr abzustreifen. Was die einen als Missbrauch sehen, empfinden die anderen als ihre Pflicht. Unnötig zu erwähnen, dass es meistens Männer sind, die diese Lebensform propagieren.
Indonesien beheimatet einige Berühmtheiten, die sich öffentlich zur Polygamie bekannt haben, u.a. der ehemalige Präsident Sukarno, Schauspieler Parto Patrio, Kiwil und Azis Gagap und Sängerin Nita Thalia, die ihre Ehe als Zweitfrau eingegangen ist.
Unter welchen Voraussetzungen ist Polygamie in Indonesien erlaubt?
Indonesien erlaubt die Polygamie nur unter bestimmten Voraussetzungen.
Die erste und wichtigste Voraussetzung ist die schriftliche Einverständniserklärung der ersten Ehefrau. Ohne diese darf ein Mann kein weiteres Mal heiraten.
Außerdem muss eine der folgenden Anforderung erfüllt sein: Die erste Frau kann nachweislich ihren ehelichen Pflichten nicht nachgehen, sie leidet an einer Krankheit oder an einer körperlichen Behinderung oder sie kann keine Nachkommen zeugen.
Zudem muss der Mann in der Lage sein, alle Frauen gleichwertig zu behandeln und sie finanziell zu unterstützen.
Ein örtliches Gericht überprüft den Antrag und erteilt dann die Erlaubnis. Beamte und Angehörige des Militärs dürfen mittlerweile – im Gegensatz zu früher – ebenfalls polygam heiraten, solange der Vorgesetzte zustimmt, ihre Religion es erlaubt und die oben genannten Voraussetzungen erfüllt sind.
Das indonesische Gesetz stuft eine polygame Ehe ohne die schriftliche Erlaubnis der Ehefrau(en) als Verbrechen ein, das mit Freiheitsentzug geahndet werden kann. Auf diese Weise soll für die erste Frau ein faires Scheidungsverfahren gewährleistet werden.
Polygamie in Bali
Polygamie ist nicht nur unter Muslimen ein Thema. Der 2014 erschienene Film Bitter Honey zeigt eindrücklich das Leben drei polygamer Familien im hinduistischen Bali. Werden die Ehen nach traditionellem Gewohnheitsrecht (adat) geschlossen, gibt es keinerlei Einschränkungen und die Anzahl der möglichen Ehefrauen ist unbegrenzt.
Polygamie hat in Bali eine lange Tradition. Man geht davon aus, dass etwa 10 Prozent der registrierten Ehen in Bali polygame Ehen sind.
Männer sehen es in den meisten Fällen als ihre Bestimmung oder ihr Karma und führen fort, was ihre Väter ihnen vorgelebt haben. Frauen werden dabei selten um Zustimmung gefragt, sondern vielmehr von den Männern zur Ehe gedrängt.
Die starken Traditionen und Bräuche von Bali spielen balinesischen Männern dabei in die Hände. Heiratet eine Balinesin, verlässt sie ihre eigene Familie und folgt der Familie ihres Mannes.
Würde sie sich nach traditionellem balinesischen Recht scheiden lassen, würden der Mann das Sorgerecht der Kinder erhalten und sie zu ihrer Geburtsfamilie zurückkehren – meist ohne ein Besuchsrecht für ihre Kinder. Eine Scheidung gilt als Schande, der sich kaum eine Balinesin freiwillig aussetzen möchte.
Hinzu kommt der starke Glaube, dass die Seele der Frau bei der Eheschließung der Seele des Mannes folgt und sie zukünftig in seiner Familienlinie wiedergeboren wird.
Viele Frauen ergeben sich lieber ihrem Schicksal, statt zu riskieren, alles zu verlieren und mit einem lebenslangen Stigma zu leben.
Während in anderen Regionen Indonesiens die Scheidungsrate teilweise bei über 50 Prozent liegt, liegt sie in Bali bei unter 10 Prozent.
Übrigens Balinesen nennen eine zweite, dritte, vierte (und so weiter) Ehefrau „Honey“ (=Indonesisch: madu).
Polygamie in Papua und West Papua
Auch in Papua und West Papua lebten einige Ureinwohner schon lange vor der Ankunft christlicher Missionare polygam.
Das Volk der Dani praktizierte die Polygamie vor allem aus pragmatischen Gründen, da Frauen bei den Dani in der Überzahl sind. Hartarbeitende, wohlhabende Männer, die das Brautgeld zahlen und für ihre Frauen aufkommen können, nehmen sich zusätzliche Ehefrauen.
Nicht selten werden junge Frauen von älteren Männern „gekauft“, die sich zwar Frauen leisten, aber diese sexuell nicht befriedigen können. Diese wiederum führen oft außereheliche Beziehungen. Werden sie dabei in flagranti erwischt, muss der Liebhaber eine Strafe an den Ehemann zahlen, der sich damit wiederum neue Frauen kaufen kann.
Häusliche und psychische Gewalt sind leider auch hier keine Seltenheit, da der Mann mit dem „Kauf“ einen gewissen Besitzanspruch erhebt.
Der christliche Einfluss hat in manchen Hochlanddörfern nichts an dieser Lebensweise geändert. Kein Wunder, dass in vielen Regionen Papuas und West Papuas das Thema Monogamie nicht ganz so ernst genommen wird.
Problematik und Kritik an der Polygamie
Die Position der Vereinten Nationen zum Thema Polygamie ist klar. Das UN-Menschenrechtskomitee erklärt, dass Polygamie die Würde von Frauen verletzt und abgeschafft werden sollte. Der Haupteinwand gegen die Ausübung der Polygamie ist dabei die Unvereinbarkeit mit den Menschenrechten.
Vor allem Frauenrechtsorganisationen und Frauenvereine berichten häufig von sexueller Ausbeutung, Missbrauch und dem Trauma, das viele Frauen durch eine polygame Lebensform erfahren.
Letztendlich sind es die Frauen, die bei dieser Tradition zurückstecken und benachteiligt werden, während Männer sich in Selbstgefälligkeit suhlen.
Wann immer sich öffentliche Personen zur Polygamie bekennen und diese propagieren, wird die Diskussion um das kontroverse Thema neu entfacht. Befürworter sind der Meinung, dass Polygamie eine Alternative zur Prostitution oder Ehescheidung ist.
Pro-Polygamie-Organisationen wie die DPI (Dauroh Poligami Indonesia) oder das MJF (Muslim Journalists Forum) sind der Überzeugung, dass Frauen als Belohnung in den Himmel kommen, wenn sie Polygamie als von Gott gewollt akzeptieren und ihre Eifersucht in Grenzen halten.
Laut Nina Nurmila hingegen findet sich im Koran kein Vers darüber, in dem Polygamie-Praktizierenden der Himmel versprochen wird. Vielmehr steht im Islam sowohl Frauen als auch Männern Glück im Leben zu – ohne Leiden oder Ungerechtigkeit.
Hinzu kommt, dass viele Empfehlungen der damaligen Zeit nicht eins zu eins auf die heutige Zeit übertragen werden können.
Die Schlupflöcher der indonesischen Ehegesetze
Die aktuellen Ehegesetze Indonesiens sehen vor, dass offizielle Ehen in den zuständigen örtlichen Behörden geschlossen werden. Polygame Ehe unterliegen bestimmten Voraussetzungen – zum Schutz der Frauen und Kinder.
Kritik an den Ehegesetzen kommt aus beiden Lagern. Pro-polygame Männer fürchten sich in ihrer Religionsfreiheit eingeschränkt. Die kontra-polygame Gemeinschaft wiederum ist der Ansicht, dass viele ehewillige Männer sich durch den Prozess lügen und falsche Angaben machen, um ihre Erlaubnis zu erhalten.
Hinzu kommt, dass es möglich ist, inoffizielle Ehen nach Religions- und Gewohnheitsrecht einzugehen. Diese Ehen werden nicht registriert und haben vor Gericht keine Gültigkeit.
Mithilfe dieser adat-Ehen oder Siri-Ehen (=Nikah Siri) können indonesische Ehegesetze umgangen werden. Dazu gehören auch viele polygame Eheschließungen, die auf offiziellem Wege nicht möglich gewesen wären.
Im Folgenden gehe ich näher auf das Phänomen der Nikah Siri ein.
Nikah Siri: Die islamische Eheschließung
Nikah Siri wird auch als nikah dibawah tangan (=Ehe unter der Hand) bezeichnet und bedeutet übersetzt: „geheime Ehe“.
Sie wird nicht öffentlich bekannt gegeben und findet ohne große Feier statt. Zum Zeitpunkt der Eheschließung müssen lediglich Zeugen sowie das Paar anwesend sein.
Die Nikah Siri wird von einem muslimischen Geistlichen (in der Regel ein Imam oder Ustad) durchgeführt. Dieser darf zwar nach islamischem Recht Eheschließungen durchführen, ist jedoch vom KUA (=Kantor Urusan Agama, die zuständige Behörde für muslimische Eheschließungen) für die offizielle Registrierung der Ehe nicht autorisiert.
Das Ehepaar erhält keine Heiratsurkunde oder offizielle Dokumente, nach islamischem Recht besitzt die Ehe jedoch Gültigkeit.
Gründe für eine Nikah Siri
Auch wenn sie nicht offiziell anerkannt wird, ist die Nikah Siri in der indonesischen Gesellschaft weit verbreitet. Ihre religiöse Rechtmäßigkeit macht sie in der muslimischen Bevölkerung zu einer willkommenen Alternative, wenn offizielle Eheschließungen (noch) nicht möglich sind.
Gründe für eine Nikah Siri können finanzieller Natur sein. Die Beschaffung und Ausstellung benötigter Dokumente, der in Indonesien übliche Gästeempfang sowie die dazugehörige Feier sind mit einem hohem Kosten- und Zeitaufwand verbunden. Im Gegensatz dazu kann eine Nikah Siri schnell und problemlos vollzogen werden.
Entscheidet sich ein junges Paar dafür, unverheiratet zusammenzuleben, stoßen sie in Indonesien nicht selten auf Verständnislosigkeit. „Reines“ Zusammenleben ist im Islam nicht gestattet und für viele Paare ist die Nikah Siri eine Möglichkeit, von der Gesellschaft akzeptiert zu werden.
Das Alter spielt für eine Eheschließung in Indonesien ebenfalls eine wichtige Rolle. Dem indonesischen Ehegesetz zufolge dürfen Frauen und Männer ohne elterliche Zustimmung erst ab 21 Jahren heiraten. Liegt die elterliche Zustimmung vor, dürfen sie bereits ab 19 Jahren die Ehe eingehen.
Eltern müssen für eine Nikah Siri zwar ebenfalls ihre Zustimmung geben, doch sie bietet Minderjährigen eine Möglichkeit, die Ehe bereits vor dem offiziellen Prozess einzugehen. Unter manchen Umständen wird die Zustimmung der Eltern sogar gar nicht benötigt.
Problematik und Kritik an der Nikah Siri
Der Bezeichnung Nikah Siri haftet in der Regel etwas Negatives an. Häufig wird sie mit Untreue oder Ehebruch in Verbindung gebracht.
Jeder Imam, der eine Eheschließung vollzieht, hat eigentlich die Pflicht, sich nach dem Status der beiden Ehepartner zu erkundigen. Jedoch verlangen nur wenige Geistliche für die Nikah Siri offizielle Dokumente des Paares.
Ist einer der Partner bereits verheiratet oder möchte ein Mann ohne die Erlaubnis seiner ersten Frau eine weitere Ehe eingehen, bietet die Nikah Siri ein geeignetes Schlupfloch dafür – ohne dass er dabei den offiziellen Bestimmungen zur Polygamie Folge leisten muss.
Ein weiterer negativer Aspekt ist, dass die Nikah Siri in manchen Fällen auch als Deckung für Prostitution missbraucht wird.
In der muslimischen Gemeinde spalten sich die Meinungen. Während die einen nicht eingetragene Ehen verabscheuen, da sie Frauen benachteiligen, sehen andere sie als optimale Alternative für den „erlaubten“ Ehebruch. Andere wiederum sind der Meinung, dass die zu strengen Polygamie-Vorschriften für den Anstieg der Nikah Siri verantwortlich sind.
Fakt ist, dass eine nicht eingetragene Ehe weitreichende Folgen mit sich bringen kann. Leidtragende sind hierbei immer die Frauen und aus der Ehe entstandene Kinder. Im Falle einer Trennung (eine Scheidung muss nicht vor einem offiziellen Gericht stattfinden) haben sie kein Recht auf Unterhalt. Ebenso entfällt das Recht auf Erbe. Kinder gelten als unehelich und haben unter Umständen Schwierigkeiten, eine Geburtsurkunde zu erhalten.
Polygamie und Nikah Siri – kontrovers und spaltend
Eine Auseinandersetzung mit dem Thema zeigt, dass Polygamie in Indonesien nicht nur eine islamische Tradition, sondern in verschiedenen Kulturen und Religionen im gesamten Archipel verbreitet ist.
Altertümliche Bräuche sowie Religions- und Gewohnheitsrecht schaffen willkommene Schlupflöcher für diejenigen, die offizielle Ehegesetze umgehen und ihren eigenen Traditionen folgen möchten.
Beide Themen werden auch in Zukunft für heiße Diskussionen sorgen – spätestens dann, wenn eine Berühmtheit wieder damit an die Öffentlichkeit geht.
Über die Autorin:
Gunda kommt aus der Tauch- und Tourismusbranche und war einige Jahre in Südostasien unterwegs, bevor sie ihr Herz an Indonesien verlor. Hier fand sie nicht nur ihre neue Heimat, sondern auch ihre große Liebe. Nach der Leitung eines Tauchresorts in Raja Ampat, entstand die Idee zu ihrer Webseite. Mittlerweile lebt sie als freie Autorin und Podcasterin mit ihrem Mann Hartono auf Morotai, wo die beiden sich eine kleine Selbstversorger-Farm aufbauen. Auf ihrem Instagram-Kanal kannst du ihnen dabei folgen. Mehr von dieser Autorin lesen.
Wenn dir der Beitrag gefallen hat und du mehr über Indonesien erfahren möchtest, folge uns auch auf Facebook oder abonniere unseren Newsletter. Alle wichtigen Infos für deine Reise in Indonesien findest du in dem Beitrag Alle Tipps für deine Reise nach Indonesien.
Schreibe einen Kommentar