Eine Million Bäume für Kalimantan

Ein Beitrag von Lea Frahm

Borneo ist die größte Insel des indonesischen Archipels und sogar die größte Asiens. Die Insel teilt sich Indonesien mit Malaysia und Brunei. Der indonesische Teil der Insel heißt Kalimantan.

Wenn man Borneo hört, denkt man sofort an Regenwald und die dort lebenden Orang-Utans. Zutreffender wäre es jedoch an Palmöl, Gold und Entwaldung zu denken.

Von dem Wald, der ursprünglich 95 % der Insel bedeckte, ist weniger als 50 % übrig (Stand 2008).

Jedes Jahr wird mehr Wald gerodet oder durch großflächige Feuer zerstört, die aus illegaler Brandrodung resultieren. Seit einigen Jahren beschäftigt mich diese Problematik sehr und der Schutz der Wälder ist zu einer Herzensangelegenheit geworden. Während meiner Recherchen bin ich auf die gemeinnützige Organisation Fairventures Worldwide in Stuttgart gestoßen. Die NGO hat sich im Rahmen ihres One Million Trees Programms der Aufgaben der Aufforstung von brachliegenden Flächen mit Mischwaldsystemen und der Unterstützung der lokalen Bevölkerung in Zentralkalimantan angenommen.

Im März diesen Jahres ergab sich für mich die Gelegenheit in das Programmgebiet zu reisen, um mir die Arbeit vier Wochen lang vor Ort anzuschauen und selbst mitzuwirken. Nun möchte ich euch über das Gesehene und Erlebte während dieser Zeit berichten und meine Erfahrungen teilen.

Holz, Palmöl, Gold – die Gier und die Zerstörung

Die Reise in das Programmgebiet führte mich zunächst nach Zentralkalimantan in die Provinzhauptstadt Palangka Raya. Bereits während des Fluges kann man den Einfluss des Menschen auf die Natur sehen, denn man fliegt weite Strecken über gerodete Flächen hinweg, die entweder brach liegen oder für den Anbau von Ölpalmen genutzt werden.

Südlich von Palangka Raya gibt es den geschützten Sebangau Nationalpark, so dass man klar die Grenze zwischen Primärwald, Sekundärwald und gerodeten Flächen sieht. Der Primärwald sieht übrigens von oben aus wie Brokkoli-Köpfe

In Palangka Raya, einer für asiatische Verhältnisse gemütlichen Stadt am Kahayan-Fluss, hat Fairventures ihr indonesisches Büro und auch der lokale Partner, das Borneo Institut, sitzt dort.

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Die Stadt Palangka Raya

Fairventures und das Borneo Institute arbeiten gemeinsam an den Projekten, die im Rahmen des One Million Trees Programms durchgeführt werden.

Im Vordergrund der Zusammenarbeit steht insbesondere auch die Stärkung des lokalen Partners vor Ort. Von hier aus fahren die Mitarbeiter regelmäßig in die eigentlichen Projektgebiete, die weiter im Landesinneren liegen. Auch ich durfte mal mit in diese Region fahren und zwar im Rahmen einer Unterstützer-Tour. Denn einige Spender und Unterstützer von Fairventures möchten sich einen eigenen Eindruck vor Ort verschaffen und das Programmgebiet einmal selbst besuchen.

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Unsere Expeditionsausrüstung

Ziel dieser Tour war es unter anderem, in den Primärwald zu fahren, um einmal ursprünglichen Regenwald zu sehen.Um tief in den Wald vorzudringen, nutzten wir sogenannte Logging-Straßen (wood logging = Holzeinschlag), die von den Holzunternehmen für den Transport der gefällten Bäume genutzt werden.

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Holzeinschlag im Primärwald

Allein die stundenlange Fahrt auf diesen Straßen stimmte mich traurig. Die Fahrt auf der Pick-Up Ladefläche durch die hügelige Landschaft glich einer Achterbahnfahrt und hielt die Stimmung aufrecht.

Den ersten Stopp machten wir, als wir plötzlich mitten im Wald auf eine komplett kahle Fläche stießen. Das was wir da sahen, war das Ergebnis des Goldwaschens, das dort natürlich illegal erfolgte. Um an das Gold zu kommen, wird der Wald zunächst großflächig abgeholzt und anschließend das Gold in vielen Kleingruben im Tagebau abgebaut.

Oft wird Quecksilber verwendet, das mit dem Goldstaub eine Legierung bildet. Um das reine Gold zu gewinnen, wird die Legierung erhitzt und das Quecksilber und andere Schwermetalle gelangen ungefiltert in die Luft und Flüsse. Bei diesem Verfahren werden große Mengen an Giftstoffen eingesetzt, die hinterher einfach in die Flüsse gespült werden. Dadurch wird nicht nur das Wasser verschmutzt, sondern auch die lokale Bevölkerung einer hohen Gesundheitsgefährdung ausgesetzt. Denn gerade in Kalimantan befinden sich fast alle Dörfer an Flüssen und die Menschen leben von diesem Fluss und nehmen so täglich Giftstoffe auf.

Natürlich hinterlässt der Goldabbau auch in den Böden langanhaltende Umweltschäden und die Fläche gleicht einer Mondlandschaft.

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Mondlandschaft – Auswirkungen einer Goldmine

Nach diesem Halt ging es weiter auf der Suche nach dem Primärwald. Nach drei Stunden auf den Logging-Roads erreichten wir unser finales Ziel. Aber selbst hier war immer noch der Einfluss der Holzunternehmen zu sehen.

Lesetipp: Interview: Florian und seine Suche nach dem Wald

Zwar haben Unternehmen Auflagen, gerodete Flächen wieder aufzuforsten, aber dies wird nur schlecht umgesetzt. Baumsetzlinge werden in die degradierten Böden gepflanzt und anschließend sich selbst überlassen. Ohne Aufarbeitung der Böden und regelmäßige Kontrollen wird nur ein geringer Prozentsatz tatsächlich zu neuen Bäumen heranwachsen. Letztendlich schafften wir es nicht, unberührten Primärwald zu sehen.

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Auf der Suche nach unberührtem Primärwald

Am nächsten Tag ging es Retour über eine andere Strecke, die uns durch endlos lange Palmöl-Plantagen führte. Innerhalb der letzten Jahre hat sich der weltweite Palmöl-Konsum nahezu verdoppelt.

Lesetipp: Was du unbedingt über Palmöl wissen solltest

Laut WWF befindet sich Palmöl in jedem zweiten Supermarktprodukt. Das führt dazu, dass immer mehr Konzerne nach Indonesien kommen, Wälder roden und Ölpalmen im großen Stil anpflanzen. Oft werden dazu Torfböden trockengelegt, wodurch riesige Mengen CO2 freigesetzt werden, denn Torfböden bilden den weltweit größten Kohlendioxidspeicher.

Dadurch ist Indonesien nach den USA und China mittlerweile zum drittgrößten Treibhausgasemittenten geworden.

Zudem geht natürlich auch die Biodiversität verloren. Viele Tiere wie die Orang Utans und der Sumatra-Tiger (um nur einen Bruchteil zu nennen) verlieren durch die Rodung ihre Lebensgrundlage.

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Palmöl so weit das Auge reicht ( © Fairventures Worldwide)

Zu all den Umweltauswirkungen kommt hinzu, dass die indigene Bevölkerung kaum einen Vorteil von diesen Entwicklungen hat. Denn oft werden die Menschen von ihrem Land vertrieben oder verkaufen es für wenig Geld an die großen ausländischen Konzerne. Denn ihnen fehlt das Wissen, richtig mit dieser neuen Situation umzugehen.

So erzählte uns ein Indonesier auf dem Rückweg, dass er von der Regierung zwei Hektar Land bekommen hat, die er an einen Palmölkonzern abgetreten hat. Für 400 Euro. Das ist in dem Moment viel Geld für einen Indonesier aus Kalimantan, aber dafür hat er hinterher keine Einkommensquelle mehr.

Daher ist es von hoher Wichtigkeit, dass Organisationen wie Fairventures Projekte zusammen mit der lokalen Bevölkerung durchführen, um sie mit nachhaltigen Wirtschaftsformen vertraut zu machen. Dadurch können die Menschen gestärkt werden und gleichzeitig Waldflächen wieder aufgeforstet und bestehende Wälder geschützt werden.

Der Kampf gegen die Zeit

Den beschriebenen Entwicklungen wirkt Fairventures mit ihrem 1 Million Trees Programm entgegen.

Ziel ist es, eine Million schnellwachsender Leichthholz-Bäume in Zentralkalimantan auf ehemals bewaldeten Flächen zu pflanzen, zusammen mit lokalen Kleinbauern und ihren Familien.

Sengon ist eine Sorte solch schnellwachsender Leichthölzer, die den Boden mit seinen Wurzeln festigt, Stickstoff anreichert und so den Boden wieder aufwertet.

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Kleinbauer mit seinem Feld ( © Fairventures Worldwide)

Die Weiterverarbeitung des Holzes soll auch vor Ort erfolgen, wodurch neue Strukturen geschaffen werden und die lokale Wirtschaft gefördert wird. Denn die aufgeforsteten Flächen werden als Einnahmequelle für die Menschen dienen und das dort gewonnene Holz ersetzt das Naturholz aus den Primärwäldern.

Bis Leichthölzer wie Sengon weiterverarbeitet werden kann, vergehen bis zu sieben Jahren, weshalb den teilnehmenden Farmern zunächst eine Einnahmequelle fehlt. Daher werden auch sogenannte Agroforstsysteme angelegt, die eine Mischung aus Bäumen und Landwirtschaft sind. Das bedeutet, dass zwischen den Bäumen weitere Pflanzen wie Auberginen, Chillis, Papaya- und Mango-Bäume angepflanzt werden, die jährlich geerntet werden können und den Nahrungsbedarf der Familie decken und deren Überschuss lokal verkauft werden kann.

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Pflanzung eines Agroforstsystems ( © Fairventures Worldwide)

Das Besondere an dem Projekt ist, dass die teilnehmenden Familien weitergebildet werden und zum Teil selber zu Ausbildern werden. Dadurch wird das Wissen in den Dörfern gestärkt, so dass nicht nur eine einzelne Familie von den Aktivitäten profitiert, sondern eine ganze Gemeinschaft.

Während der ganzen Zeit werden die Teilnehmer intensiv betreut und ausgebildet. Ein prägendes Erlebnis für mich war, als ein Dorfbewohner nach Palangka Raya zum Büro des Borneo Instituts kam, um sich über das Programm zu informieren. Er hatte davon gehört, war begeistert und wollte nun mehr erfahren.

Dieses Erlebnis zeigte mir, dass die Projekte auf reges Interesse stoßen, so dass es sich über Mundpropaganda verbreitet. Das ist für mich ein klares Zeichen, dass das Konzept von One Million Trees den richtigen Ansatz verfolgt.

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Community-Arbeit in einer teilnehmenden Dorfgemeinschaft ( © Fairventures Worldwide)

Teil des Programms sind mittlerweile auch acht Baumschulen im Projektgebiet, in denen die Setzlinge herangezogen werden. Auch dadurch werden neue Arbeitsplätze geschaffen.

Ein großes Problem in Indonesien ist, dass viele Menschen keine Landrechte für ihr bewirtschaftetes Land haben, so dass Palmöl-Konzerne ein leichtes Spiel haben, sich das Land anzueignen. Daher sind die Landrechte auch Teil der Programmaktivitäten von Fairventures.

Werden diese für die Teilnehmer gesichert, wird zukünftig das Vordringen von Palmöl- und Holzschlag-Firmen erschwert und die aufgeforsteten Flächen werden die Funktion eines schützenden Gürtels um den noch bestehenden Primärwald herum einnehmen.

Natürlich ist dies ein langjähriger Prozess, weshalb es ein Kampf gegen die Zeit ist. Daher ist es sehr wichtig, dass jedem diese Problematik bewusst wird und man bestmöglichst versucht, etwas dagegen zu tun.

Was man selber tun kann:

  • sein Konsumverhalten ändern und auf Palmöl, Tropenholz mit unbekannter Herkunft und Gold verzichten oder zumindest den Konsum reduzieren.
  • mit Freunden und Verwandten über dieses Thema sprechen – denn viele wissen darüber noch nicht Bescheid
  • Organisationen wie Fairventures unterstützen

Ich habe während meiner Zeit in Zentralkalimantan viel gelernt und werde mich in Zukunft weiterhin für den Erhalt der Wälder einsetzen. Wenn ihr auch aktiv werden wollt, könnt ihr mithelfen in Zentralkalimantan Bäume zu pflanzen.

Schaut hierfür einfach mal unter www.fairventures.org vorbei.

Autoren-ProfilbildÜber die Autorin Lea:

Lea hat während einer mehrmonatigen Asienreise ihre Leidenschaft für Indonesien entdeckt und daraufhin ein halbes Jahr hier gearbeitet. Während dieser Zeit hat sie nicht nur die Sprache gelernt, sondern auch viel über Land und Leute. Insbesondere auch über die Umweltprobleme, die das Paradies bedrohen. Daher setzt sie sich sehr für gemeinnützige Projekte in Indonesien ein, die sich dem Umweltschutz gewidmet haben.

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Comments

2 Antworten zu „Eine Million Bäume für Kalimantan“

  1. Avatar von Christian
    Christian

    Selamat Pagi,

    ich komme gerade aus Kumai und es ist in der Tat schockierend zu sehen wie die Palmölplantagen und der Goldabbau die Umwelt zerstören. Während man die Palmölplantagen sehen kann ist die Verseuchung der Flüsse nur zu erahnen. Ich bin mit dem Klotok an einer Abzweigung entlanggefahren. Von links kam das Wasser was vom Goldabbau verunreinigt wird, rechts war der unberührte Arm. An der veränderten Farbe des Wassers konnte man absehen wie stark die Verunreinigung ist, die Lokals gehen in diesem Wasser nicht schwimmen, erst wenn der unberührte Arm befahren wird kann man ins Wasser gehen. Mein Guide erzählte mir ausserdem dass es neben der Aufforstung auch erfolgreiche Initiativen gibt die das Land von den Bauern kaufen um zu verhindern dass die Palmölindustrie dieses Land erwirbt. Z.B. http://orangutangreentours.com/front/about-us/recommendation
    Den Bauern ist kein grosser Vorwurf zu machen, jeder kämpft hier um sein tägliches Brot. Der Industrie den Boden zu nehem halte ich für eine gute und nachhaltige Strategie um den Regenwald zu bewahren. Lieber den Bauern das Land abkaufen und ihnen weiter ermöglichen das Land zu nutzen als der Industrie durch das Angebot von schellem Geld das Land zufallen zu lassen….

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